11 Wege, richtig zu streiten

Meinungsverschiedenheit, Konflikt, Streit. Auch im Erwachsenenalter begegnen wir immer wieder solchen Situation. Oftmals sind wir nur stille Beobachter, manchmal finden wir uns allerdings auch selbst mitten in einem Streit wieder. Bei einem Streit kann auch schnell alles aus dem Ruder laufen und Dinge gesagt oder getan werden, die wir später bereuen. Darum ist es sinnvoll, sich über das Streiten Gedanken zu machen. Ein Streit bleibt kontrollierbarer und verläuft vorteilhafter, wenn:

  1. Sie klar Ihre Meinung äußern.
  2. Sie dem anderen zu hören.
  3. Sich nicht gegenseitig ins Wort fallen.
  4. Sie klar sagen, was Sie möchten und was Ihr Ziel und Absicht ist.
  5. Keine Beleidigungen oder Abwertendes einbringen!
  6. Keine Vergleiche mit anderen machen.
  7. Sie auf Vermutungen und Verurteilungen verzichten.
  8. Sie Ihre Sorgen, Bedenken erklären.
  9. Die eigenen Gefühle mitteilen.
  10. Den Blickwinkel des anderen einnehmen und akzeptieren.
  11. Sie kompromissbereit sind.

Wie streitet man richtig?

Mit diesen 11 Tipps gelingt es Ihnen, einen Streit zu kontrollieren und ihm unter Kontrolle zu halten, zumindest was Sie selbst betrifft.

Klar Ihre Meinung äußern

Zuerst ist es in einem Streitgespräch wichtig, klar den eigenen Standpunkt und die eigene Meinung zu äußern. Zugegeben, die unterschiedlichen Meinungen sind oft der Auslöser des Streites. Aber es ist auch oft der Fall, dass der Streit auf einem Missverständnis beruht. Besonders in Partnerschaften ist das häufig der Fall. Daher ist es immer einen Versuch wert, ruhig und möglichst gelassen nochmals den eigenen Standpunkt zu erläutern.

Dem anderen zu hören

Natürlich ist es ebenso wichtig, dass Sie Ihrem Gegenüber auch so gut wie möglich zuhören. Das ist in einem Streitgespräch natürlich ungleich schwieriger, dennoch ist es unerlässlich, um Missverständnisse vorzubeugen und eine klare Kommunikation zu fördern. Machen Sie das nämlich nicht, fühlt sich der andere nicht ernst genommen und womöglich zurecht auch missverstanden. Das macht eine Beilegung des Streites deutlich schwieriger.

Ausreden lassen

Den anderen ausreden lassen, gebietet nicht nur die Höflichkeit, sondern führt auch dazu, dass sich der andere ernst genommen fühlt. Dadurch ist das Gegenüber auch nicht so leicht versucht, sich in eine Verteidigungsposition zu begeben. Das ist natürlich vorteilhaft für eine ruhigere Kommunikation. Also, auch wenn es Ihr Streitpartner vielleicht nicht macht, bemühen Sie sich Ihr Gegenüber trotzdem ausreden zu lassen, sonst nimmt die Streitdynamik nur noch mehr Fahrt auf.

Ziel formulieren

Besonders im Streit, müssen wir uns rasch selbst darüber klar werden, was unsere Motivation und somit unser Ziel und Absicht sind. Auch, wenn wir möglicherweise nicht mit Widerstand gerechnet haben. Machen Sie sich und Ihrem Gegenüber klar, was Ihre Motivation ist und was Sie eigentlich wollen. Nehmen Sie nicht an, dass er/sie es von selbst weiß oder irgendwie mitbekommen haben. Das führt oft zu unlösbaren Streitigkeiten. Besser für Sie selbst und für den Streit ist es, klar zu sagen, was Sie wollen oder brauchen.

Beleidigungen vermeiden!

Beleidigen und herabwürdigen sind auch in einem Streit tabu. Das führt zu nichts Konstruktivem und verletzt Ihr Gegenüber. Außerdem erschwert es natürlich das aussöhnen und wird wahrscheinlich später von Ihnen bereut. Also, auch wenn die Emotionen hochkochen, unterlassen Sie Beleidigungen und abwertende Ausdrücke um jeden Preis.

Vergleiche unterlassen

Auch Vergleiche mit anderen bringen uns in einem Streit kein Stück weiter. Meist werden Vergleiche eher zum Abwerten herangezogen, um den anderen zu verletzen. Aber weder Ihr Gegenüber noch Sie haben einen Vorteil daraus.

Auf Vermutungen, Unterstellungen und Verurteilungen verzichten

Versuchen Sie sich nicht über die Hintergründe, Motive und Gedanken Ihres Streitpartners zu äußern. Bleiben Sie bei sich selbst und Ihren Gedanken und beschäftigen Sie sich vorrangig damit, wie es Ihnen selbst damit geht. Sie können in den Kopf des anderen nicht reinsehen. Vermutungen und Unterstellungen bringen uns meist nur weiter in die Eskalation des Streites rein und helfen recht wenig. Wenn Sie sich über etwas nicht sicher sind oder etwas vom anderen wissen möchten, formulieren Sie eine klare und deutliche Frage. Ohne Unterstellungen und ohne Vorwürfe darin. „Wie siehst du das?“, oder noch besser: „Ich habe dich noch gar nicht zu Wort kommen lassen. Wie ist dein Standpunkt dazu?“ und Ähnliches.

Sorgen, Bedenken darlegen

Besonders bei einem Streit stecken oftmals viele Sorgen und Ängste dahinter. Sollten Sie sich dabei ertappen, wie Sie aus den vielen Emotionen heraus, sich in einen Streit manövriert haben, ist es vielleicht hilfreich, genau diese Anliegen Ihrem Gegenüber klar dazulegen. Das bringt meist besseres Verständnis und hilft einander zu verstehen.

Gefühle äußern

Das Gleiche gilt für Ihre Gefühle. Viele Menschen tun sich schwer damit, anderen zu sagen, wie sie sich gerade fühlen. Aber auch das kann in einem Streit weiterhelfen. Zumindest verschafft es Ihnen eine kurze Denkpause und holt Sie vielleicht etwas am Boden zurück, wenn Sie selbst gerade sehr aufgewühlt sind. „Ich bin gerade so wütend, dass ich schreien könnte. Und gleichzeitig auch traurig.“

Blickwinkel nachvollziehen und akzeptieren

Es ist essenziell zu versuchen, die Meinung und Ansichten des anderen zu versehen. Versetzen Sie sich in die Lage Ihres Gegenübers. Bei manchen Themen wird Ihnen das natürlich schwerer fallen als bei anderen. Trotzdem ist es wichtig, auch seinen eigenen Blickwinkel mal kurz zu verlassen und zu versuchen, nachzuvollziehen, wie es dem anderen geht und in welcher Lage er/sie sich befindet. Was nicht heißen soll, dass Sie Ihren Standpunkt aufgeben müssen. Aber dieses nachvollziehen, hilft uns natürlich dabei, die Meinung anderer zu akzeptieren, auch, wenn Sie für uns nicht passen.

Kompromisse zulassen und anstreben

Ein Ziel in einem Streit sollte auf alle Fälle sein, dass es eine Lösung für alle Parteien gibt. Manchmal findet man einen Weg, wie alle auf Ihre Kosten kommen. Das ist allerdings nicht so einfach und bedarf auch mal ein „um die Ecke denken“. Häufiger und leichter kommt es statt zu einer Kooperation zu einem Kompromiss. Dabei müssen alle ein wenig zurückstecken, aber dafür hat jeder ein akzeptables Ergebnis. Dafür ist es aber wichtig zu wissen, was ist für mich selbst unumstößlich wichtig, und was ist mir nicht ganz so wichtig. Wo muss ich hart bleiben und wo kann ich vielleicht zum Gunsten des anderen nachgeben?

Manchmal hilft es, die Lösung konkret anzusprechen: „Vielleicht finden wir ja einen Kompromiss, damit wir beide zufrieden sind?“ Danach ist es natürlich sinnvoll, sich kurz Zeit zum Nachdenken zu geben, bevor wir uns in etwas hineinreden, dass wir eigentlich nicht wollen.

Richtig streiten in einer Beziehung

All die obigen Tipps passen natürlich auch für Streitigkeiten in einer Beziehung.

Das Problem ist allerdings, dass Streits in einer Beziehung meist viel emotionsgeladener sind und dass wir uns und unser Gegenüber sich weniger zurücknehmen. In einer Beziehung fühlen wir uns vorwiegend sicher. Das ist prinzipiell ein Vorteil, allerdings führt es auch dazu, dass wir im Streit hemmungsloser sind. Wir sagen und tun Dinge, die wir nie zu jemand anders sagen würden. Natürlich kennen wir unser Gegenüber in diesem Fall auch besser und so sitzen primär verletzende Worte tiefer. Daher ist es besonders wichtig, hier darauf zu achten, nicht zu verletzen und sich auch keine Unterstellungen an den Kopf zu werfen. Dadurch kann sich der andere gewissermaßen nur verteidigen und die Eskalation nimmt ihren Lauf.

Achtung
Verletzende Worte im Streit wiegen in einer Beziehung noch schwerer. Lange aufgebautes Vertrauen und Geborgenheit, kann so schnell zerstört werden.

Warum streitet man sich

Streit entsteht oft durch das Unterdrücken von Gefühlen. Sie kennen das vielleicht? Sie sagen lange Zeit nichts zu einer Person, obwohl diese sich für Sie unangenehm verhält. Doch irgendwann ist dann das Fass voll und es platzt Ihnen der Kragen. Durch das lange Unterdrücken sammelt sich ein Gefühl zusammen. Solange, bis es für uns nicht mehr kontrollierbar ist. Dann sagen oder tun wir Dinge, die die Grenze von anderen überschreitet. Die sich dann dagegen natürlich wehren. Und schon ist man mitten in einem Streit.

Streit entsteht durch Leidenschaft und Emotionen. Wir versuchen uns oder unsere Meinung zu verteidigen und uns gegen Angriffe zu wehren. Dabei kann es manchmal recht hitzig zugehen. Sind wir mitten in einem Streit, fällt es uns oft schwer, diesen zu beenden, weil wir „zurückstecken“ müssten. Das fühlt sich für uns wie ein Verlust an. Je nach Ausgang eines Streites kann das natürlich auch der Fall sein, indem wir, zugunsten des anderen, von unserer Meinung abweichen oder unsere Ziele aufgeben müssen. Ein Streit zielt allerdings zuerst immer auf einen Sieg ab.

Der subjektive Erfolg und ob wir uns überhaupt auf einen Streit einlassen, hängt auch stark davon ab, welche Erwartungen wir darüber haben. Fühlen wir uns dem anderen überlegen, greifen wir eher zu Machtausübung. Lässt sich der andere das nicht gefallen, fühlen wir uns angegriffen und die Grundvoraussetzungen für einen Streit sind perfekt.

Wie kann man Streiten vermeiden?

Mit oben genannten Punkten lässt sich ein Streit auch gut vorbeugen. Am wichtigsten ist hierbei die Klarheit, mit denen wir unsere Anliegen vermittel und auch die Offenheit gegenüber anderen Sichtweisen.

Oftmals geraten wir in einen Streit, weil wir uns angegriffen fühlen oder sich jemand von uns angegriffen fühlt. Deshalb ist es unerlässlich, sich über die eigenen Ziele klar zu sein und auch andere Leute ihre Ziele lassen. Es kann natürlich sein, dass diese unterschiedlich sind. Das müssen wir allerdings akzeptieren. Außer Sie schaden uns, dann müssen wir uns das natürlich nicht gefallen lassen, sondern das Problem klären.

Auseinandersetzungen lassen sich nicht das ganze Leben vermeiden und wenn, ist das für uns sehr nachteilig. Aber eine Meinungsverschiedenheit heißt nicht automatisch auch Streit. Ein altes Sprichwort sagt:

"Für einen Streit braucht es immer zwei."

Auch, wenn jemand einen Streit mit Ihnen anfangen will, können Sie sich durch Besonnenheit und Objektivität raushalten und dennoch Ihren Standpunkt klarmachen. Das lässt meist Ihr Gegenüber schlecht dastehen, aber Sie haben sich dafür ohne Streit aus der Affäre gezogen.

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Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
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