Was macht Autisten glücklich?

Menschen innerhalb der Autismusspektrumsstörung (kurz Autisten) sind, genauso verschieden wie alle Menschen. Und das spiegelt sich auch in ihren Vorlieben wider. Meist ist es leicht, jemanden glücklich zu machen, den wir gut kennen. Und genau auf das sollten Sie sich auch in diesem Fall verlassen. Dennoch habe ich hier einige Dinge für Sie zusammengefasst, mit denen ich bei meiner Arbeit gute Erfahrungen gemacht habe.

Um glücklich zu sein und Glück zu empfinden, brauchen autistische Menschen:

  • Freiheit
  • Selbstständigkeit
  • Familie
  • Freunde
  • Fortschritt
Glücksformel, speziell für Menschen mit ASS
Grundbedürfnis + Beschäftigung aus einem Interessengebiet - (Ungewissheit + Druck) 

Was machen Autisten gerne?

Autisten tauchen generell gerne in ihre Welt ab. Aber Ruhe und allein sein, sind nicht unbedingt die Bedingungen, die sie brauchen, um Glück zu erfahren. Wie bei den meisten Menschen macht es die Abwechselung und die eigenen Interessen aus, sowie das Teilen mit anderen. Das alles sind menschliche Grundbedürfnisse. Abgesehen von den physiologischen Grundbedürfnissen, neigen hauptsächlich wir Erwachsene dazu, unsere Bedürfnisse hinten anzustellen. Aber genau diese sind es, was uns glücklich machen. Und das gilt natürlich ebenso für Menschen mit Autismus. Daher sind folgende Punkte ein guter Ansatzpunkt, um Menschen mit Autismus glücklich zu machen:

„Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.“

Demokrit  (460 v.Chr. - 371 v.Chr.)

Freiheit

Zeit, um abzutauchen und sich ohne Druck und ohne Regeln mit den Interessen zu beschäftigen, die ihnen besonders wichtig sind. Seien es Züge, Düfte, Wasser, Fahrpläne, Zahlen oder auch Videospiele.

Der Alltag ist natürlich oft sehr stressig und auch ziemlich durchgeplant. Da bleiben oft nur Lücken, um zu entspannen und um abzuschalten. Aber genau das ist es, was besonders für Menschen innerhalb der Autismusspektrumstörung (kurz: ASS) wichtig ist. Zeit für sich und Zeit für die eigenen Interessen, um richtig tief darin abtauchen zu können.

Das ist die Erholung und die „Pause“, die Menschen mit ASS brauchen. Genaugenommen gehen sie dabei einer Beschäftigung nach, aber diese Beschäftigungen sind erholsam für das Gehirn. Dies ist bei allen Menschen so. Auch, wenn wir eine Pause machen, liegen oder sitzen wir nicht einfach so herum. Wir suchen uns eine Beschäftigung, die für uns entspannend ist. Lesen, Heimwerken, kochen, und so weiter.

Diese Pausen, ohne Zeitdruck und ohne Regeln, auf die zu achten ist, führen zum Empfinden von Glück.

Selbstständigkeit

Auch Selbstständigkeit, also Dinge selbst zu machen und zu (er-)schaffen ist ein wichtiger Faktor, um glücklich zu sein.

Wir alle wollen Dinge alleine machen können, wir wollen es selbst tun und nicht auf Hilfe oder Unterstützung angewiesen sein. Das ist bei Menschen mit ASS nicht anders. Dennoch neigen natürlich viele Menschen dazu, Personen mit einer Beeinträchtigung vieles abnehmen zu wollen, um ihnen so das Leben regelrecht zu erleichtern. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.

Selbstständigkeit ist ein essenzielles Grundbedürfnis, das alle Menschen haben. Schon bei kleinen Kindern ist dies gut zu beobachten: „Ich mach’ das alleine, Mama!“ Ich glaube, viele von uns kennen das.

Auch Autisten brauchen das Gefühl, selbst etwas zu schaffen und allein etwas machen zu können. Dieses selbstständige Tun löst dann bei Erfolg ein Glücksgefühl aus. Daher ist auch wichtig darauf zu achten, Aufgaben zu geben, die schaffbar sind. Besonders leichte oder zu schwierige Aufgaben führen allerdings häufig zu einer Frustration. Daher ist es wichtig zu wissen, was kann er/sie gut, oder was nicht. Dann kann auch gemeinsam nach Aufgaben gesucht werden, die am richtigen Schwierigkeitslevel ansetzen. Eine motivierende Aufgabe soll eine gewisse Herausforderung mit sich bringen, aber eben nicht unmöglich sein.

Solche Aufgaben motivieren durch den Erfolg. Sie erzeugen ein Gefühl des Stolzes und stiften auch Sinn für das eigene Handeln. Und das macht uns Menschen glücklich.

Familie

Personen, zu denen ein enger Bezug besteht, sind ebenso ein menschliches Grundbedürfnis. Familie bedeutet Geborgenheit. Und besonders diese Sicherheit und Geborgenheit ist es, was uns Menschen glücklich macht.

Menschen mit Autismus haben oft ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis. Viele Merkmale, die uns Sicherheit geben, geben Autisten keine Sicherheit. Deswegen muss dieses Bedürfnis natürlich durch anderes aufgefüllt werden. Häufig sind es routinemäßige Abläufe, enge Bezugspersonen und vertraute Objekte oder Inhalte. Auch, wenn Autisten Zueignung und Bedürfnisse häufig anders zeigen, als der Großteil, empfinden sie dennoch Liebe und Zuneigung, die ihnen Rückhalt und diese wichtige Sicherheit in einer unsicheren Welt gibt.

Sein zu können, wie wir sind, sich nicht verstellen zu müssen und auf nichts oder wenig achten zu müssen, das erzeugt Entspannung und Glück in allen Menschen.

Freunde

Ebenso wichtig ist der Austausch außerhalb der Familie. Manche Menschen glauben, dass ausgerechnet Menschen mit Autismus, dies nicht wollen. Das ist so allerdings nicht wahr. Auch Autisten haben den Wunsch, sich auszutauschen und Zeit mit Freunden zu verbringen. Sie haben nur spezielle Bedürfnisse, die erfüllt sein sollten, um diesen Austausch zu ermöglichen. Immer wieder berichten Menschen mit Autismus, von der Wichtigkeit von Freundschaften für sie.

Freunde sollten allerdings auch wahre Freunde sein. Also, sie sollten gleiche Interessen haben oder andere verbindende Gemeinsamkeiten teilen. So kann ein ebenbürtiger Austausch stattfinden und viele schöne gemeinsame Erfahrungen gesammelt werden.

Fortschritt

Im Leben muss sich was tun. Wir sollten die Möglichkeit haben, zu lernen und uns zu entwickeln. Das kann in der Schule sein, im Job oder in der Freizeit.

Jeder Mensch benötigt eine Aufgabe und eine Beschäftigung, die ihm Freude bringt. Zumindest den überwiegenden Teil der Zeit. Dadurch entwickeln wir uns, wir lernen dazu, wir erfahren und wir verleihen unserem Leben einen Sinn. Auch Menschen mit ASS haben dieses Bedürfnis. Meist ist es nicht so leicht, einen Platz zu finden, der die Anforderungen erfüllt. Sei in der Schule oder im Beruf. Hier sollte auf die speziellen Talente eingegangen und auf die Bedürfnisse sensibel Rücksicht genommen werden. Zufriedenheit im Beruf oder Schule fördert das Empfinden von Glück. Zu wachsen und sich zu entwickeln, macht uns Menschen glücklich.

Hier habe ich eine ganz allgemeine Übersicht über Faktoren, die glücklich machen. Uns genauso wie Menschen mit Autismus;-)

Faktoren für Glück

Quelle: Statista

Resümee

Glücklich sein, bedeutet nicht das frei sein von Sorgen. Es bedeutet, sich über etwas aktiv zu freuen. Auch, wenn hier explizit die Grundbedürfnisse hervorgehoben wurden, sollen diese als eine Leitlinie fungieren für all die Aktivitäten und Aufgaben, die Menschen glücklich machen können. Wenn Sie einen Menschen mit Autismus glücklich machen wollen, überlegen Sie, was er/sie gerne macht und verknüpfen Sie es am besten noch mit obigen Grundbedürfnissen. Wenn jemand zum Beispiel gerne mit Wasser spielt, aber dabei stets unter Zeitdruck steht, wird das wenig förderlich sein. Aber kann er/sie es tun, ohne Druck und nur um der Freude willen, wird die Erfahrung umso schöner sein.

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Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
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