Wie kann ich mich richtig entschuldigen?

Beinahe jedem Menschen passiert es, dass er/sie einmal etwas macht, was für andere nicht in Ordnung ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir uns auch entschuldigen müssen. Entschuldigen müssen wir uns nur dann, wenn wir absichtlich oder unabsichtlich, die Grenzen anderer Personen überschritten, ihnen geschadet oder sie verletzt haben.

Tatsächlich ist es gar nicht so leicht, sich zu entschuldigen. Manchmal fehlt uns die Einsicht, manchmal stehen wir uns selbst im Weg. Dennoch ist es wichtig, dass wir uns in manchen Angelegenheiten entschuldigen. Dabei ist zu beachten, dass wir:

  • Ehrlich und aufrichtig sind.
  • Uns klar entschuldigen.
  • Keine Vorwürfe machen.
  • Nicht die Schuld abwälzen.
  • Uns erklären.
  • Wiedergutmachung anbieten.
  • Schritte setzen, um es Geschehene zukünftig zu vermeiden oder zu ändern.
  • Um Vergebung bitten.

Was ist eine echte Entschuldigung?

Eine vollwertige Entschuldigung besteht aus eben genannten 9 Schritten:

  1. Ersten Schritt machen, um mit der anderen Person in Kontakt zu treten.
  2. Ehrlich und aufrichtig sind.
  3. Uns klar entschuldigen.
  4. Keine Vorwürfe machen.
  5. Nicht die Schuld abwälzen.
  6. Uns erklären.
  7. Wiedergutmachung anbieten.
  8. Schritte setzen, um es Geschehene zukünftig zu vermeiden oder zu ändern.
  9. Um Vergebung bitten.

Die Reihenfolge ist natürlich nicht zwingend und nicht alle Schritte sind auch in der Entschuldigung selbst anzusprechen. Aber alle Schritte sollten im gesamten Prozess der Entschuldigung vorkommen. Einige sind natürlich nur mit uns allein zu klären.

Um eine Entschuldigung gut hinzubekommen, ist es wichtig, sich schon vorab zurechtzulegen, was wir sagen wollen und müssen. Auch sollten die Person, sie sich entschuldigen muss, den ersten Schritt setzen. Also aktiv auf die Person, bei der wir uns entschuldigen sollten, zugehen und entweder ein Treffen vereinbaren oder auch notfalls schriftlich oder telefonisch die Entschuldigung einleiten.

Manchen Menschen hilft es auch, das Gespräch zu üben. Zuerst allein und dann vielleicht mit einer anderen Person. Auch, wenn sich Gespräche natürlich nicht planen lassen, hilft Üben dennoch, eine gewisse Routine für das bevorstehende Gespräch zu bekommen.

Achtung
Sich aufrichtig zu entschuldigen, erfordert Mut und Stärke, aber es ist alternativlos, wenn Sie eine gute Beziehung aufrechterhalten wollen.

Nur die Worte „Es tut mir leid“ bringen leider recht wenig, vor allem, wenn sie nicht ernst gemeint sind und wenn wir keine Konsequenzen daraus ziehen. Deshalb sind eine Wiedergutmachung und eine Änderung des Verhaltens wichtige Bestandteile einer echten Entschuldigung.

Ist es wichtig, sich zu entschuldigen?

Ja, sich zu entschuldigen, ist wichtig. Aber wie zuvor erwähnt, sogenannte „leere Worte“ sind bedeutungslos und zählen nicht zu einer echten Entschuldigung.

Eine aufrichtige Entschuldigung ist allerdings Grundvoraussetzung dafür, einen Fehler wiedergutzumachen. Es ist nicht immer möglich, das Geschehene ungeschehen zu machen. Eine Entschuldigung ist aber der Grundstein, um die zwischenmenschliche Beziehung aufrechtzuerhaltend und ein gutes gemeinsames Miteinander zu ermöglichen. Ohne Groll und ohne Reue, zumindest eines Tages.

Tatsächlich zeigt eine Studie der Uni Mannheim, dass sich Männer nicht so häufig entschuldigen wie Frauen. Der Grund dafür ist, laut Studie, dass Männer weniger Situationen als entschuldigungswürdig ansehen als Frauen. Frauen sehen sich öfter in der „Opferrolle“ als Männer und erwarten deshalb öfter eine Entschuldigung. Beide Geschlechter entschuldigen sich allerdings gleich oft, zu 80 % nämlich, für Situationen, die sie auch als entschuldigungswürdig ansehen.

Mehr zur Opferrolle und Opferhaltung habe ich übrigens hier für Sie zusammengeschrieben.

Richtig entschuldigen beim Partner

Für Entschuldigungen in einer Liebesbeziehung gelten meist etwas andere Umstände. Da die Emotionen viel stärker sind und die Bindung ein vielfaches höher, sind hier Verletzungen, Kränkungen und Enttäuschungen meist viel tiefer als in anderen Fällen.

Aber auch umgekehrt, aus der „Tätersicht“, gibt es Unterschiede. Manchmal fühlt man sich einfach sicherer und geht deswegen weiter, als der/die andere das eigentlich möchte oder aber, das schlechte Gewissen ist dem Partner gegenüber oft größer. Das wiederum kann dazu führen, dass wir uns „Überentschuldigen“ genauer gesagt es mit dem Entschuldigen übertreiben oder wir es ins Lächerliche ziehen und so, als gewissen Selbstschutz, als unwichtig abtun.

Wir entschuldigen nichts so leicht wie Torheiten, die uns zuliebe begangen wurden.

Maria von Ebner-Eschenbach

Daher ist es wichtig, bei Entschuldigungen in der Partnerschaft, sich auch gut vorzubereiten. Wir sollten uns vorher, zusätzlich zu obigen Punkten, Gedanken machen:

  • Was wir sagen wollen.
  • Wofür genau wir uns entschuldigen wollen (und wofür nicht).
  • Was als Wiedergutmachung angebracht ist (und was nicht!).
  • Wie es überhaupt so weit gekommen ist und
  • wie Sie solche Situationen zukünftig vermeiden wollen.

Ein wichtiger Punkt in Beziehungen ist natürlich auch die Romantik. Viele Partner entschuldigen sich daher auch mit romantischen Gesten. Das ist lieb gemeint und kann ein schöner zusätzlicher Punkt sein. Viel wichtiger ist allerdings, das offene, ehrliche und aufrichtige Gespräch.

Romantische Gesten bergen die Gefahr, dass wir nicht tatsächlich über das Geschehene sprechen. Das kann für beide Seite zum Problem werden, auch wenn es in der Situation vielleicht nicht so ist, weil wir von der Romantik beeindruckt oder gerührt sind.

Nehmen Sie sich also wirklich auch gezielt vor, das Gespräch der Entschuldigung zu führen, um alle Komponenten der Verletzung/ Kränkung zu klären. Später ist immer noch Zeit für Romantik. Vielleicht auch an einem anderen Tag. Positive, schöne Erlebnisse stärken natürlich die Beziehung und sind wichtig, aber sie sind keine Entschuldigung für sich und keine Wiedergutmachung.

Richtig entschuldigen bei Freunden

Selbst in den besten Freundschaften kommt es manchmal zu Situationen, in denen eine Entschuldigung fällig ist. Auch hier gelten alle oben genannten Punkte.

Wichtig ist es, den ersten Schritt zu machen, wenn Sie sich entschuldigen müssen. Wir Menschen neigen dazu, Unangenehmes aufzuschieben. Das ist auch bei Entschuldigungen so. Besonders bei Freunden ist es aber ein Leichtes, dieses Moment der Entschuldigung immer weiter rauszuzögern. Das führt allerdings eher zu mehr Missgunst und möglicherweise zum Kontaktabbruch. Daher sollten Sie so rasch wie möglich und ohne großes Drama, die Sache ansprechen und aus der Welt schaffen.

Geschäftliche Entschuldigungen

Besonders im beruflichen Alltag entschuldigen wir uns weitaus seltener als privat. Wir finden rasch Erklärungen und Ausreden für unser Verhalten und umgehen somit gerne die Entschuldigung. Dennoch wäre es in vielen Situationen angebracht, unabhängig von Beruf, Position oder Status.

Im Beruf sollten Entschuldigungen etwas formeller, weniger emotionsgeladener und deutlich kürzer ausfallen. Viele der oben genannten Schritte passieren hier nur in unserem Kopf und für uns selbst, ohne es dezidiert mit dem Gegenüber zu besprechen.

Wichtig bei geschäftlichen Entschuldigungen ist, sich kurz und klar zu entschuldigen. Diese Entschuldigung sollte enthalten:

  • Wofür ist die Entschuldigung?
  • Was waren Ihre Absichten?
  • Eventuell Besserung geloben.
  • Gezielte Wiedergutmachung/ Hilfe anbieten, wenn es die Situation erfordert.
  • Die tatsächlichen Worte der Entschuldigung nicht vergessen! „Es tut mir leid!“, oder „Entschuldigung.“

Besonders im beruflichen Umfeld sind Entschuldigungen am besten in einem Vieraugengespräch zu handhaben. Sollte es die Situation und Zeit nicht zulassen, sind auch Telefonate oder im „Notfall“ eine kurze schriftliche Nachricht angebracht.

Tipp
Besonders im beruflichen Umfeld ist das Ansprechen und Eingestehen eines begangenen Fehlers der wichtigste Schritt.

Für Verhalten entschuldigen

Natürlich ist es gelegentlich auch angebracht, sich für das Verhalten zu entschuldigen. Nicht nur Worte verletzen, auch Taten. Diese Entschuldigungen durchlaufen aber auch die gleichen Schritte wie alle Entschuldigungen.

Verhalten zu ändern, ist allerdings kurzfristig nicht ganz so einfach. Deshalb bedarf dieser Schritt meist mehr Ausdauer und Geduld. Gegebenenfalls kann es auch sein, dass Sie bei der Änderung des Verhaltens Hilfe von außen in Anspruch nehmen sollten.

Sollte ich mich entschuldigen, obwohl ich recht habe?

Ob Sie sich entschuldigen müssen oder nicht, ist vielfach auch eine Sache des Blickwinkels. Diese Frage und die Entscheidung für oder gegen eine Entschuldigung hängt vor allem mit dem Wahren von Grenze zusammen. Überschreiten Sie Ihre Grenzen oder die Ihres Gegenübers? Nur, weil man (vermeidlich) im Recht ist, heißt das nicht, dass wir uns alles erlauben können. Kränkungen und Verletzungen sind trotzdem nicht in Ordnung und erfordern eine Entschuldigung.

Achtung
Man muss sich nicht entschuldigen, recht zu haben. Aber man muss sich für mieses Verhalten entschuldigen!

Wie geht man mit Menschen um, die sich nicht entschuldigen wollen/ können?

Manche Menschen tun sich schwer, Fehler einzugestehen. Das kann sein, weil:

  • Sie den Anspruch an sich selbst haben, alles richtig machen zu müssen oder
  • Sie die Anerkennung anderer für Ihren Selbstwert brauchen.

Mit Menschen umzugehen, die sich nicht entschuldigen und keine Fehler eingestehen können, ist nicht immer leicht. Folgendes kann Ihnen dabei helfen:

1. Seien Sie ein Vorbild

Eine sinnvolle und einfache Methode ist es, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. Gestehen Sie Ihre eigenen Fehler ein. Stellen Sie klar, dass das aber auf alle anderen positiven Erlebnisse und Handlungen in der Vergangenheit keinen Einfluss hat und der Fehler Sie nicht zu einem schlechteren Menschen macht.

2. Gemeinsam Gründe suchen

Das gemeinsame Aufarbeiten des Geschehenen kann helfen, mögliche Ursachen aufzudecken und zukünftig zu vermeiden. Dabei soll es nicht um Schuldzuweisung und Vorwürfe gehen, sondern eher, was ist passiert, wer hat was dazu beigetragen?

Im Gespräch lassen sich Fehler leichter entdecken und unter Umständen auch leichter eingestehen, als wenn jeder für sich grübelt.

3. Respekt und Achtung wahren

Natürlich ist es ärgerlich, wenn jemand seine Fehler nicht zugeben kann. Aber versuchen Sie die Gründe dahinter zu sehen, um der Person trotzdem weiterhin Respekt und Achtung entgegenbringen zu können. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat er/sie Angst kritisiert, ausgelacht oder klein gemacht zu werden und kann deshalb den Fehler nicht eingestehen.

4. Verzeihen statt herumhacken

Versuchen Sie, Ihrem Gegenüber den Fehler zu verzeihen und nicht ständig darauf herumzuhacken. Diese Art schlechte Erfahrung ist es häufig, die dazu führen, Fehler zu leugnen. Wiedergutmachung einfordern ist in Ordnung und auch Rachegefühle sind menschlich und normal, allerdings bringt uns Rache in keinster Form selbst weiter. Und auch Auslachen, Lästern und Anprangern sind Formen von Rache, die uns selbst nicht weiterhelfen.

Achtung
Ist ein Fehler für Sie unverzeihbar, dann sagen Sie das deutlich und ziehen daraus Ihre eigenen Konsequenzen.

5. Sagen Sie es deutlich, wenn Sie enttäuscht sind oder eine Entschuldigung erwarten

Geben Sie der Person, die Ihrer Meinung nach einen Fehler begangen hat, eine Chance. Sprechen Sie deutlich an, was für Sie nicht in Ordnung war und was Ihrer Meinung nach schiefgelaufen ist. Achten Sie darauf, Ihren Blickwinkel und Ihre Meinung kundzutun, ohne Vorwürfe zu machen. Beschreiben Sie, wie es für Sie war und wie Sie es sehen, nicht wie es vermutlich von der anderen Person aus war.

Stolz und Entschuldigen

Unser Stolz hindert uns manchmal daran, sich Fehler einzugestehen oder auch Fehler vor anderen zuzugeben. Aber auch, Entschuldigungen anzunehmen, kann durch unseren Stolz verhindert werden.

Dieses Verhalten ist Selbstschutz für unseren Selbstwert. Wir fühlen uns ansonsten geschwächt und angegriffen. Das hat allerdings weniger mit dem Fehler selbst zu tun. Vielmehr hängt es an der Vergangenheit und den Erfahrungen, den wir im Umgang mit Fehler und Entschuldigen gemacht haben.

Besonders, wenn Entschuldigungen von anderen nicht oder nur schlecht angenommen wurden und wir dann länger Spott oder dergleichen dadurch ertragen mussten, kann uns das negativ prägen. Wir wollen uns das dann ersparen und auch das Bild, das wir von uns selbst, aber auch das andere von uns haben, durch das Eingestehen eines Fehlers nicht beschmutzen. Unser Stolz steht uns daher im Weg. Das kann so weit gehen, dass wir uns dadurch sogar selbst mehr schaden. Es ist ursprünglich ein Selbsterhaltungstrieb, der enorme Kraft besitzt. Allerdings lässt er sich in diesem Fall natürlich mit Vernunft auch ausschalten.

Tipp
Merken Sie, dass Sie einen Fehler begangen haben, dann zeigen Sie Mut und stellen Sie Ihren Stolz hinten an. Sie werden sehen, Fehler zuzugeben, macht Sie nicht schwächer, sondern nützt Ihnen wahrscheinlich viel und bringt Sie weiter.

Warum kann ich eine Entschuldigung nicht annehmen?

Aber auch das Annehmen von Entschuldigungen ist nicht immer leicht. Meist haben wir auch zu dieser Situation beigetragen und müssen uns selbst einen Fehler eingestehen. Oft hängt es auch mit dem eignen Selbstwert zusammen. Entweder Ihr Selbstwert wird Ihrer Meinung nach durch eine Entschuldigung angegriffen oder Sie sehen sich selbst als nicht wertvoll genug an. Werden Sie also hellhörig, wenn Sie merken, dass es Ihnen schwerfällt, Entschuldigungen anzunehmen und erforschen Sie die Hintergründe.

Fazit

Jeder Mensch macht Fehler. Nicht unsere Fehler machen uns aus, sonders der Umgang damit! Nutzen Sie diese Ansicht und versuchen Sie aus Ihren Fehlern zu lernen, dann können Sie aus vielen vermeidlich schlechten Situationen zumindest etwas Nutzen ziehen.

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Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
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