Hat mein Kind eine sichere Bindung?

Eine sichere Bindung ist wichtig für fast alle Bereiche der Entwicklung unserer Kinder. Es ist eine Frage, die sich wahrscheinlich viele von uns stellen. 

Ihr Kind ist sicher gebunden, wenn es:

  • Sie als sichere Ausgangsbasis nutzt.
  • Es darf bei Trennung von Ihnen trotzdem kurz weinen.
  • Bei Ihrer Rückkehr zu Ihnen körperliche Nähe und Trost sucht.
  • Sich nach kurzer Zeit wieder beruhigt und weiter spielt.

Wie entsteht Bindung?

Von Geburt an senden unsere Babys angeborene Signale. Greifen, weinen, Lächeln oder in die Augen schauen. Das hilft unseren Babys primär in den ersten sechs Wochen engen Kontakt zu seinen Eltern aufzubauen. Wenn wir auf diese Signale reagieren, ermutigt das unsere Babys noch mehr in diese Richtung zu handeln. So wird bei beiden die Zuneigung und Nähe gestärkt. Babys werden durch unsere Nähe beruhigt, weil sie erkannt haben, dass wir auf ihre Signale reagieren. Sie erkennen ihre Mütter an der Stimme und dem Geruch. Das ist allerdings nur eine Vorphase. Unseren Babys macht es noch nichts, wenn sie von einem anderen gehalten werden.

Ab der sechsten Lebenswoche bis zum sechsten oder achten Lebensmonat reagieren unsere Babys schon gezielt auf ihm bekannte Bezugspersonen. Also hauptsächlich auf Mama und Papa. Nun merken unsere Babys auch, dass etwas passiert, wenn es etwas macht. Also, wenn es weint, kommt Mama oder Papa. Wenn es lacht, lachen diese zurück. Unsere Babys lernen sich auf uns zu verlassen und das erste Gefühl von Vertrauen entwickelt sich in dieser Zeit. Aber auch jetzt ist es noch nicht so schlimm, wenn Mama oder Papa aus dem Sichtfeld sind.

Das ändert sich allerdings spätestens nach dem achten Lebensmonat. Bis unsere Kinder ca. zwei Jahre sind, entsteht die sichere Bindung. Unsere Kinder zeigen nun auch das erste Mal Trennungsangst. Das heißt, es wird unruhig, wenn wir den Raum verlassen. Auch die Fremdenangst tritt zu dieser Zeit häufig auf. Beides kann sein, muss aber nicht. Das ist etwas Temperament abhängig. Keine Sorge also, wenn Ihr Kind nicht weint, weil Sie aus dem Raum gehen oder weil ein Bekannter von Ihnen es hochnehmen will. 

Kinder, die schon krabbeln oder laufen, versuchen dann häufig Mama oder Papa nachzulaufen und Ihnen hinterher zu huschen anstatt zu weinen.

Auf jeden Fall nutzt Ihr Kind nun Sie oder jede andere Person, der es vertraut, als sicheren Ausgangspunkt, um die Umgebung zu erkunden und neues zu entdecken.

Ab dem Ende des zweiten Lebensjahres fällt es Kindern zunehmend leichter zu verstehen, was passiert, wenn wir gehen. Sie wissen auch, dass wir wieder kommen und dass es da so einige Einflüsse auf das ganze Kommen und Gehen gibt. Sie beginnen Zusammenhänge zu verstehen. Da unsere Kinder nun etwas besser die Sprache beherrschen, beginnen sie zu verhandeln, zu bitten und uns zu überzeugen. Gerade wenn sie merken, dass wir im Begriff sind zu gehen. Sie verstehen nun, auch wenn wir ihnen sagen: „Ich muss in mein Büro.“, oder „Wenn es dunkel wird, bin ich wieder da.“

Je nachdem welche Erfahrungen unsere Kinder in diesen Phasen machen entwickelt sich die innige sichere Bindung.  Ebenso ist es unseren Kindern nun auch möglich, außer uns Eltern noch eine weitere Bezugsperson als sicheren Hafen zu akzeptieren. Der Beginn des Kindergartens ist also nicht zufällig gewählt, sondern auf diesen Entwicklungsschritt ausgerichtet.

Unsere Kinder haben nun Erwartungen darüber, wer ihnen wann hilft. Dieses innere Konzept ist aber nicht starr und wird immer wieder ergänzt. Schließlich sammeln unsere Kinder immer mehr Erfahrungen, immer mehr Personen werden in den Vertrauenskreis aufgenommen und kommen in Ihr Leben, wie zum Beispiel Geschwister.

Bindungstypen

Was fördert die Entwicklung einer sicheren Bindung beim Kind?

  1. Ihr Kind benötigt die Gelegenheit zur Bindung!
    Besonders in den ersten Lebenswochen ist die Anwesenheit der künftigen Bezugspersonen wichtig. Also im Normalfall Mama und Papa.
  2. Die Qualität der Fürsorge!
    Es ist wichtig, dass sich ein Kind darauf verlassen kann, dass wir schnell, verlässlich und richtig handeln. Besonders Körperkontakt ist ein sehr wichtiger Punkt. Die Nähe und das Gehaltenwerden schwächt viele andere Bedürfnisse zunächst ab und beruhigt Babys. Aber auch, dass wir auf unsere Babys reagieren. Am besten ist es natürlich, wenn wir passend reagieren. Also müssen wir versuchen zu  „erraten“, was gerade so dringend ist.
  3. Machen Sie sich über Ihre eigene Beziehung zu Ihren Eltern Gedanken!
    Natürlich bringt jeder seine eigenen Erfahrungen in die Familie mit ein. Denken Sie selbst darüber nach, wie die Beziehung zu Ihren Eltern und anderen Bezugspersonen war oder ist.
  4. Nehmen Sie Unterstützung an!
    Wir Menschen sind soziale Wesen. Das heißt, wir brachen den Kontakt zu anderen. Das ist auch nach der Geburt unseres Kindes so. Der Austausch, Gespräche oder auch mal unser Baby, wem anderen anzuvertrauen hilft unserem Wohlbefinden. Für unsere Babys ist es sehr wichtig, dass wir ausgeglichen sind. Dadurch sind wir aufmerksamer und es fällt uns leichter, auf sie einzugehen.

Dieses Diagramm zeigt den Umgang mit der eigenen Erfahrung von Eltern sicher gebundener Kindern.

Autonome Eltern:
Erinnern sich an positive und negative Kindheitserlebnisse 

Abweisende Eltern:
Insistieren, dass sie sich nicht an Kindheit erinnern können oder sind inkonsistent 

Verstrickte Eltern:
Verwirrte und ärgerliche Kindheitserinnerungen, keine kohärenten Berichte 

Ungelöste Eltern:
Leiden unter Trauma (Verlust oder Missbrauch) 

Wie wirkt sich eine sichere Bindung aus?

Sicher gebundenen Kinder fallen folgende Punkte leichter:

  • Die Selbstregulation von Gefühlen
  • Sie trauen sich mehr
  • Machen mehr positive Erfahrungen
  • Sind dadurch selbstbewusster
  • Sie sind resilienter, können also besser mit Belastungen umgehen
  • Sie haben mehr und glücklichere Beziehungen zu Gleichaltrigen
  • Sie besitzen mehr soziale Fähigkeiten
  • Sie verstehen die Emotionen anderer schneller und leichter
  • Sie zeigen öfter prosoziales Verhalten, wie zum Beispiel teilen, anderen behilflich sein
  • Sie zeigen weniger oft aggressives Verhalten
  • Haben engere Freundschaften
  • Sind oftmals beliebter und
  • zeigen tatsächlich auch erfolgreicher in der Schule.

Natürlich ist auch der Aufbau einer sicheren Bindung innerhalb Ihres Berufes als Erzieher oder Pädagoge wichtig. Mehr dazu finden Sie in dieser Arbeit

Fazit

Seien Sie für Ihr Kind da. Setzten Sie sich mit ihm auseinander. Wenn Sie mit ihm kuscheln, spielen und dafür sorgen, dass es sich sicher fühlt, es essen bekommt, frische Windeln und schlafen darf, wenn es das braucht, sind Sie bestimmt auf dem richtigen Weg. Wir müssen der sichere Hafen sein, der für unser Kind verlässlich da ist. Das beinhaltet auch gezieltes fördern unserer Kinder.

Auch wenn wir vielleicht mal nicht sofort reagieren oder nicht gleich wissen, wo der Schuh drückt, ist das keine Katastrophe. Unser Kind soll aber wissen, dass wir da sind und handeln. Im Großteil der Fälle liegen wir nämlich richtig und dadurch machen unsere Kinder die Erfahrung, dass sie sich auf uns verlassen können. Und genau das bedeutet sichere Bindung.

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Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
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