Der beste Weg, einem Kind Grenzen setzen, ohne es zu verletzen

Ein Kind braucht Grenzen. Das ist ein Satz, den fast alle Eltern schon einmal gehört oder gelesen haben. Aber zum Grenzen setzen gehört mehr, als Verbot und Gebote auszusprechen. Wir müssen unseren Kindern lernen, wo ihre eigenen Grenzen liegen, was passiert, wenn sie diese überschreiten und wofür Grenzen gut sind. Das ist ein Prozess, der eigentlich im Babyalter beginnt und immer wieder neu definiert und geübt werden muss.

Manchmal ist es auch erforderlich, anderen Kindern Grenzen zu setzen, um uns und unsere Kinder zu schützen. Grenzen setzen heißt, Respekt und Achtung zu vermitteln.

Aber wie geht Grenzen setzen eigentlich, was sollen wir Eltern tun?

  1. Konkrete Regeln aufstellen
  2. Regeln erklären
  3. Wahrnehmung sicherstellen
  4. Kinder vorbereiten
  5. Hilfestellungen anbieten

Ab wann soll man Kinder Grenzen setzen?

Grenzen setzen und aufzeigen ist schon von klein an wichtig. Aber natürlich gibt es Phasen, in denen Kinder für Regeln und Grenzen empfänglicher sind. Die Trotzphase, die Wackelzahnpubertät und auch die Pubertät selbst sind die prominentesten Beispiele dafür.

Immer, wenn sich für unsere Kinder ein neuer Lebensabschnitt auftut, sind sie in ihrer Entwicklung besonders gefordert. So auch wir Eltern.

Unsere Kinder müssen sich in dieser Zeit „neu definieren“. Sie haben viele neue Fähigkeiten entwickelt, die ihnen mehr Autonomie und Freiheiten gewähren. Das motiviert unsere Kinder natürlich und sie sind aus gutem Grund auch sehr stolz auf diese neuen Fähigkeiten. Aber, wie bei vielen Neuheiten, sitzen diese neu gewonnenen Verhaltensstrukturen und Eigenschaften nicht auf Anhieb gut. Unsere Kinder neigen dazu, sich zu überschätzen. Sie müssen erst lernen, sich selbst und auch andere richtig einzuschätzen. Gelingt dies, ist es ein enormer Erfolg für sie, der ihnen einen mächtigen Aufschwung im Selbstwert gibt. Misslingt etwas allerdings, sind sie natürlich sehr enttäuscht und frustriert. Ein Wechselbad der Emotionen.

Das heißt für uns Eltern, besonders in Zeiten des Übergangs, vom Kleinkindalter in das Kindergartenalter, vom Kindergarten in die Volksschule und schließlich beim Wechseln in die Pubertät und später hin zum Erwachsenenalter, sollten wir unsere Kinder mit Grenzen unterstützen. Natürlich bedarf es je nach Alter andere Grenzen und Regeln. Dennoch brauchen auch Jugendliche noch unsere Hilfe, auch wenn sie schon so erwachsen wirken.

Im Babyalter ergeben sich die Grenzen für unsere Kinder noch sehr stark von selbst und sie lassen sich leicht ablenken und beruhigen, wenn ihnen mal etwas nicht gelingt. Das wird in der frühen und mittleren Kindheit aber dann immer mehr zur Herausforderung.

Was passiert, wenn man Kindern keine Grenzen setzt?

Kinder brauchen Grenzen, um Sicherheit und Halt in ihrem Leben zu haben. Dabei gibt es natürliche Grenzen, die sie selbst erfahren und von außen gesetzte Grenzen, wie durch die Gesellschaft gesetzte oder durch Kindergarten, Schule, Eltern. Eine Grenze heißt, bis hierher ist es okay und gut, aber weiter gehen bedeutet eine Gefährdung des Selbst oder von anderen.

Diese Gefahr kann natürlich eine physische sein und in Form von Gefahr für eine Verletzung sein, aber auch in emotionaler, sozialer und psychischer Hinsicht. Der Umgang mit Wut, die Verhaltensregeln in Gruppen oder Respekt anderen Lebewesen gegenüber. Hier gibt es Details zu Respekt lernen für Sie.

Grenzen sind da, um ein friedvolles und sicheres Miteinader zu ermöglichen. Aber auch, um sich selbst nicht im Weg zu stehen und sich selbst zu gefährden oder zu schaden. Kinder müssen wissen, was sie schon selbst können und was eben noch nicht. Und ebenso gilt dieser Lernprozess für den Umgang mit anderen Menschen und Regeln von außen. Sie lernen durch Grenzen, was ist gut, was ist schlecht.

Erfahrung spielt besonders für unsere Kinder eine wesentliche Rolle im Lernen. Dennoch ist es nicht nötig und nicht möglich, dass sie auch alles selbst am eignen Leib sozusagen erfahren. Wir können viele Situationen mit ihnen besprechen oder im Spiel darstellen, um so unseren Kindern Grenzen und Regeln aufzuzeigen und zu vermitteln.

In Kürze
Wenn wir unseren Kindern keine Grenzen aufzeigen, werden sie diese viel härter und ohne unsere Unterstützung durch andere erfahren.

Werden unsere Kinder von außen auf Grenzen gestoßen, ohne dass sie darauf vorbereitet sind, kann das zu einem Problem für sie werden. Ersten sind sie sehr wahrscheinlich überrascht und wahrscheinlich auch enttäuscht, dass etwas nicht so funktioniert hat, wie sie sich dachten. Und es kommt noch dazu, dass sie möglicherweise in dieser Situation von uns keine Unterstützung haben. So sind sie dann mit ihrer Enttäuschung und Wut oder anderen Emotionen allein. Auch fehlen ihnen möglicherweise Hintergrundinformationen zum Warum und Wieso. Das erschwert natürlich den Lernerfolg für unsere Kinder. Es ist dadurch wahrscheinlicher, dass sie aus der Situation nicht lernen und einfach nur die negative Erfahrung davontragen.

Fremden Kindern Grenzen setzen

Für uns Eltern ist es natürlich immer eine Herausforderung und eine Gratwanderung, wenn es beim Grenzen setzen nicht um die eigenen Kinder geht, sondern um fremde.

Bei anderen Kindern haben wir für gewöhnlich keinen Erziehungsauftrag, also sollte alles in diesem Bereich auch bei den Eltern belassen werden. Außer, es geht um die Sicherheit des Kindes oder eines anderen in ihrer Obsorge.

Sie sollten auf keinen Fall zu lassen und zusehen, wenn sich ein Kind gefährdend verhält.

  • Gehen Sie ruhig auf das Kind zu und weisen Sie es darauf hin, dass sein Verhalten nicht in Ordnung ist, genauer gesagt gefährlich ist.
  • Stellen Sie sicher, dass das Kind Sie gehört und auch verstanden hat.
  • Schauen Sie, ob die Eltern des Kindes in der Nähe sind und geben Sie gegebenenfalls kurz weiter, was passiert ist, ohne Vorwürfe oder Belehrungen zu machen.
  • Sind mehrere Kinder beteiligt, versuchen Sie eine Vermittlerrolle einzunehmen.
  • Erklären Sie, was schiefgelaufen ist und wie die Kinder noch hätten reagieren können.
  • Machen Sie den Kindern einen Vorschlag, wie sie nun weiter spielen können.

Grenzen setzen ohne Strafen

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Strafen sind eine Form von Konsequenzen. Überschreiten wir Grenzen hat das, wie fast alles, natürlich Auswirkungen auf uns und andere. Davor sind auch unsere Kinder nicht gefeit. Sie gehören zum Erleben und Erlernen dazu. Strafen, die wir unseren Kindern allerdings zusätzlich auferlegen, wirken meist auf unsere Kinder demütigend und demotivierend. Daher ist es sinnvoll, Grenzen vorab immer wieder mit unseren Kindern zu besprechen und zu klären. Und so geht’s:

Konkrete Regeln formulieren

Vereinbaren Sie mit Ihrem Kind klare und konkrete Regeln und infolgedessen Grenzen. Je jünger unsere Kinder sind, desto detaillierter und klarer sollten wir die Regel formulieren. Sie können Regeln und Aufgaben auch mit einer Belohnungstafel (Werbung) verbildlichen. So hat Ihr Kind eine Übersicht und bekommt zusätzlich Motivation durch diese positive Bestärkung.

Regeln erklären

Auch wenn unsere Kinder noch klein sind, ist es wichtig, auch immer das Warum zu erklären. „Das ist einfach so!“, erzeugt eher Widerstand bei unseren Kindern und hemmt die Einsicht und das Lernen.

Sie können Grenzen und Regeln einfach altersgerecht erklären oder anhand von Rollenspielen oder Puppenspielen das Kind erleben lassen. Auch Geschichten und Bücher eignen sich hervorragend, um Grenzen aufzuzeigen und Regeln zu vermitteln.

Meine Buchempfehlungen:

Für Kinder, zum Wahren der eigenen Grenzen:

Die kleine Eule ändert ihre Meinung (Werbung) Empfehlenswert ab ungefähr 4 Jahren. Dieses Buch hilft den Kindern, Grenzen zu setzen und zu wahren. Was tut mir gut, was nicht? Ein hilfreicher Ansatz, meiner Meinung nach.

Für Kinder, zum Wahren der Grenzen allgemein:

Ich bin ich und ich bin stark: Vorlesegeschichten für selbstbewusste Kinder (Werbung): Auch ein Buch über Grenzen. Hier liegt der Schwerpunkt auch auf den Emotionen, der eigenen und der anderer. Das Buch kann schon ab drei Jahren verwendet werden.

Wahrnehmung sicherstellen

Stellen Sie sicher, dass Ihr Kind Sie gehört und am besten auch gesehen hat, wenn Sie eine Regel aufstellen. Häufig passiert das nämlich nebenbei und wird so auch vermittelt. Kinder sind aber in ihr Tun so sehr vertieft, dass sie es dann nicht richtig wahrnehmen. Auch, wenn wir von ihnen eine Zustimmung und ein kurzes „Ja“ hören, können wir nicht unbedingt davon ausgehen, dass das Kind auch wirklich mitbekommen hat, was wir gesagt haben.

Fragen Sie sicherheitshalber nach und versuchen Sie, direkt und nah mit Ihrem Kind die Regel zu besprechen.

Um gezielt Wahrnehmung und speziell auch die Achtsamkeit mit Ihrem Kind zu üben, kann ich diese Bildkarten (Werbung) zur Achtsamkeit empfehlen. Konzentrationsübungen allgemein habe ich hier für Sie.

Kinder vorbereiten

Grenzen und Regeln werden besser angenommen, wenn sie nicht überraschend kommen. Deshalb empfiehlt es sich, unsere Kinder darauf vorzubereiten. Wenn Sie wissen, dass es zu bestimmten Situationen kommen könnte, können Sie das mit Ihrem Kind schon vorab besprechen und vielleicht auch gemeinsam Ideen sammeln, was gut in solch einer Situation wäre und was eher unangebracht.

Andere Grenzen und Regeln ergeben sich im Alltag einfach aus neuen Entwicklungsschritten heraus. Hier ist es gut, wenn wir erst dabei bleiben und dann ganz nach Können unserer Kinder, sie immer mehr selbst machen und sie auch selbst bestimmt handeln lassen.

Hilfestellungen anbieten

Es ist für die Entwicklung unserer Kinder wichtig, dass wir für sie da sind und sie unterstützen, wenn sie es brauchen. Natürlich ist es dazu nötig, sie anfänglich gut zu beobachten, das wird mit höherem Alter allerdings immer schwieriger. Darum sollten wir unseren Kindern von klein an auch lernen, nach Hilfe zu fragen. Indem wir stets ein offenes Ohr für ihre Anliegen haben, vermitteln wir ihnen dieses Vertrauen automatisch mit. Manchmal wird es als schwach angesehen, wenn wir um Hilfe fragen. Wir Menschen leben allerdings nicht ohne Grund in Sippen. Keiner muss alles allein bewältigen und können. Da in der heutigen Gesellschaft unsere Kinder aber das oftmals vermittelt bekommen, ist es vorteilhaft, das explizit unseren Kindern nahezubringen und eventuell auch vorzuleben.

Mein Kind akzeptiert keine Grenzen, was soll ich tun?

Kinder halten sich natürlich nicht an alle Grenzen. Zum gesunden Entwicklungsprozess gehört das selbst Ausprobieren und selbst Erfahren ebenso dazu. Darum werden unsere Kinder immer wieder über ihre eigenen Grenzen hinausschießen und auch unsere und die anderer überschreiten. Wichtig dabei ist, das nicht einfach auf sich beruhen zu lassen. Immer wieder Grenzen in Ruhe besprechen und Alternativen bieten ist hier nötig. Aber auch die Konsequenzen klar darlegen ist wichtig. Unsere Kinder tun sich mit dem Überblick und mit Zusammenhängen noch bis in die mittlere Kindheit schwer. Situationen sind oft recht komplex. Zusätzlich neigen wir Menschen im Generellen dazu, unseren Selbstwert zu schützen. In manchen Situationen suchen wir uns dann einen Sündenbock für unsere Fehler. Auch Kindern passiert das natürlich. Hier ist es wichtig, Perspektiven anderer aufzuzeigen und unseren Kindern Verantwortung für das eigene Handeln zu lehren. Verantwortung zu übernehmen, ist ebenso ein langer und wesentlicher Entwicklungsprozess, den wir als Eltern unterstützen können. Verantwortung tragen spielt im Kontext des Grenzenwahrens und -erlebens eine große Rolle. Genauere Details und Tipps finden Sie in diesem Beitrag.

Überlegen Sie, Ihr Kind zu bestrafen und es nicht einfach so davon kommen zu lassen, sollten Sie darauf achten, dass die Strafen nicht zusammenhangslos ist und vor allem nicht als ungerecht von Ihrem Kind empfunden wird. Dazu können Sie im Beitrag über Strafen mehr lesen.

Fazit

Grenzen gesetzt bekommen und Grenzen erfahren sind wichtige Bestandteile einer gesunden Entwicklung. Fehlen uns Grenzen, kann das zu schwerwiegenden Problemen im sozialen Miteinander, aber auch im Selbstwert führen. Grenzen haben ganz viel mit der eigenen Persönlichkeit zu tun, wie gut kenne ich mich selbst. Das ist eine wesentliche Voraussetzung, um viele positive Erfahrungen im Alltag zu sammeln. Über sich selbst, aber auch mit anderen.

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Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
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