Die beste Methode Kindern Respekt zu lehren, ist die Vorbildfunktion der Eltern. Klingt eigentlich ganz einfach. Aber warum gibt es dann so viele Kinder und Jugendliche ohne Respekt?
Die Antwort lautet, ein gutes Vorbild sein ist nicht so einfach, wie jeder denkt. Worauf Sie dabei achten sollten, damit es mit dem Respekt bei Ihren Kindern gelingt, erfahren Sie hier.
Eltern haben eine Vorbildrolle
Kinder lernen viel durch Imitation und Beobachtung. Tatsächlich sind sie hervorragende Beobachter. Daher fallen ihnen auch die vielen Verhaltensweisen auf, die uns gar nicht so richtig bewusst sind. Das gilt auch für diese Verhaltensweisen, in denen wir eben genau nicht respektvoll handeln. Den Kindern aber entgeht nichts.
Respekt beginnt beim Grüßen
Eigentlich eine althergebrachte Floskel, die wohl schon jeder gehört hat. „Kinder können heutzutage ja nicht mal mehr grüßen“.
Stimmt eigentlich. Es lässt sich oft beobachten, dass Kinder anderer Erwachsenen nicht grüßen. Je nachdem wie alt Sie sind, erinnern Sie sich vielleicht noch an Ihre Kindheit, wo das ganz anders war. Wir mussten grüßen. Richtig. Ich musste auch noch einen Knicks vor meiner Frau Lehrerin machen. Aber, da haben wir den Punkt: wir „MUSSTEN“. Ein klassisches Beispiel des autoritären Erziehungsstils: „Mach es!“, „Gehört sich so!“, „Punkt.“
Das Ausüben von Macht und unreflektiertes Verlangen von Gehorsam hat große und schwerwiegende Nachteile. Diese bergen für unsere Kinder die Gefahr Entwicklungsverzögerungen im emotionalen, sozialen und kognitiven Bereich auszubilden. Konzentrationsstörungen, aggressives Verhalten, starker sozialer Rückzug und Leistungsschwächen sind nur ein kleiner Teil davon.
Hinweis
Heute erziehen wir respektlose Tyrannen!
Sehr viel Eltern und auch Großeltern weichen von diesem veralteten Stil ab und leben einen freieren, offeneren Stil. Egal, welcher Erziehungsstil das nun genau sein mag. Zwang und Machtausübung gehört zu den meisten anderen Erziehungsstilen nicht dazu.
Oft lesen oder hören wir, dass wir unsere Kinder zu Tyrannen erziehen. Das liegt hauptsächlich daran, dass Erziehungsstile frei interpretiert werden und oftmals werden die zugehörigen Regeln nicht angewendet. Allerdings haben sich viele Verhaltensweisen aus dem autoritären Stil in uns und in unseren Eltern eingebrannt. Druck erzeugen und auf unsere Kinder Macht ausüben, passiert vielfach unbewusst und beiläufig. Unseren Kindern fällt dies allerdings recht schnell auf. Und genau dieser Punkt ist es, an dem wir unseren Kindern keinen Respekt entgegenbringen und es ihnen nicht als Vorbild vorleben.
Die Top 6 Erziehungsziele
In einer Studie von Ispos zu den Erziehungszielen der Deutschen von 2018 zeigte sich diese Schieflage. Bei der gesamten Stichprobe von 1.000 Personen ab 14 Jahren zeigte sich, dass die Erziehungsziele sich noch immer an den „althergebrachten Werten“ orientieren.
Ehrlichkeit | 74% |
Respekt | 62% |
Verlässlichkeit | 61% |
Hilfsbereitschaft | 60% |
Höflichkeit | 59% |
Freundlichkeit | 59% |
Allerdings sieht man bei der Gruppe der 14 - 24-Jährigen andere Ziele:
Selbstständigkeit | 64% |
Ehrlichkeit | 63% |
Durchsetzungsvermögen | 61% |
Freundlichkeit | 58% |
Selbstvertrauen | 57% |
Teamfähigkeit | 55% |
Respekt ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht in den Top 6 Erziehungszielen zu finden. Für sie gerät dieser Punkt eher in den Hintergrund. Dies ist natürlich auch altersbedingt und durch weitere andere Variablen zu erklären. Zeigt aber eine interessante Tendenz.
Es sind bei der jungen Altersgruppe deutlich mehr Kriterien zu finden, die auf beruflichen Erfolg abzielen und in Richtung Selbstverwirklichung gehen. Wohingegen die Top 6 aller Altersgruppen vor allem Werte zeigen, die für menschliche Interaktionen wichtig sind. Respekt ist hier gleich an zweiter Stelle und ist als Achtung vor anderen zu verstehen.
Genau der Punkt Respekt ist es auch, der wichtig ist, damit wir eben keine Egomanen und Tyrannen groß ziehen. Sondern Menschen, die andere Lebewesen respektieren, die Respekt zeigen und denen Respekt auch entgegengebracht wird.
Respektvoller Umgang mit unseren Kindern im Alltag
Aber wie sollen wir das jetzt umsetzen? Schließlich haben wir als Eltern ja auch einen Erziehungsauftrag.
Es ist nichts Falsches daran, dass wir zum Beispiel den Kindern erklären, warum wir unter diesen und jenen Umständen andere Leute grüßen. Sie zum Grüßen aufzufordern, ist aber auch nicht falsch. Wie überall macht auch hier der Ton die Musik.
10 Tipps, Kindern Respekt zu lernen
Kindern lehrt man Respekt wie bereits erwähnt am besten, wenn man Ihnen ein Vorbild ist. Mit den folgenden Tipps schaffen Sie es ihr Kind / Ihre Kinder mit Respekt zu erziehen.
Tipp #1
Erklären Sie Ihrem Kind vorab, warum und wieso wir uns auf bestimmte Art und Weise verhalten. Das kann durchaus auch öfter notwendig sein. Also warum und in welchen Situationen grüßen wir oder warum lassen wir andere ausreden.
Tipp #2
Üben Sie diese Verhaltensweisen gemeinsam mit Ihrem Kind. Das können Sie sehr gut zu Hause machen. Einfache Rollenspiele eignen sich hier am besten und sind für unsere Kinder sehr natürlich.
Lassen Sie also das nächste Mal die Dinosaurier auf respektvolle Art und Weise kommunizieren. Dann erst kann das Gebrülle losgehen.
Tipp #3
Geben Sie Ihrem Kind Zeit und Raum, um das gewünschte Verhalten auch von sich aus anzuwenden. Weisen Sie es also nicht sofort darauf hin, sondern geben Sie ihm die Chance, es selbstbestimmt zu machen. Das steigert die Motivation und nimmt Druck raus.
Tipp #4
Bitte stellen Sie Ihr Kind niemals in der Öffentlichkeit bloß! Wir handeln in diesem Fall respektlos und können dem Selbstvertrauen des Kindes schaden.
Tipp #5
Wenn nötig, geben Sie Ihrem Kind einen Hinweis, ruhig und sachlich. Ohne Vorwurf!
Tipp #6
Besprechen Sie diese Dinge mit Ihrem Kind unter vier Augen und loben Sie es oder erklären Sie ihm nochmals, wie es bessere Herangehensweise aussehen hätte können.
Tipp #7
Berücksichtigen Sie auch die äußeren Umstände. Es ist für Kinder nicht immer gleich schwer oder leicht. Eine große Gruppe Fremder zu begrüßen, fällt auch nicht jeden Erwachsenen leicht. Eine gleichaltrige Freundin hingegen schon.
Tipp #8
Seien Sie achtsam. Zwingen Sie Ihr Kind nicht zu etwas. Schon gar nicht, wenn es in einer Situation gar nicht aufnahmebereit für Ihre Hinweise ist. Achten Sie darauf, ob Ihr Kind vielleicht gerade ängstlich ist, gerade aufgewacht ist oder dergleichen. In solchen Situationen ergibt es überhaupt keinen Sinn, auf das Verhalten zu bestehen. Es führt nur zu Streit.
Tipp #9
Versuchen Sie auch Ihrem Kind gegenüber respektvoll zu sein. Nehmen Sie Gefühle, Worte und Äußerungen ernst. Ein „Nein“ ist auch bei einem Kind ein Nein. Täuschen Sie nicht eine Wahlfreiheit vor, wenn es keine gibt. Wenn Ihr Kind sagt, es hat Angst, versuchen Sie ihm nicht einzureden, dass es keine Angst hat. Nehmen Sie das als Fakt auf und versuchen Sie zu erklären und vor allem für Ihr Kind da zu sein. Oft braucht es nur Nähe.
Tipp #10
Behandeln Sie Ihr Kind so wie andere Familienmitglieder oder Freunde. Und vor allem wie sie selbst behandeln werden wollen.
Respekt üben
Stellen Sie sich mal eine typische Familiensituation vor. Ich nehme gerne das Beispiel Anziehen zum Rausgehen. Aber es kann auch jede andere Situation, die für Ihre Familie beispielhaft ist, herangezogen werden. Am besten natürlich eine leicht aufgeladene Situation.
- Gehen Sie die einzelnen Punkte gedanklich durch. Was sagen Sie zu Ihren Kindern?
- Nun stellen Sie sich vor, Sie reden so mit Ihrem Partner oder mit Ihrer besten Freundin!
- Und? Würden Sie so mit wem anderen reden, der auf Ihre Hilfe angewiesen ist?
Wenn die Antwort „Nein“ lautet, sind sie keinesfalls allein. Auch bei Ja natürlich nicht. Leider tendieren viele von uns dazu, in Stresssituationen Macht auf unsere eigenen Kinder auszuüben. Es verkürzt vieles und ist einfacher. Nur leider belastet es die Beziehung zu unseren Kindern. Es zeigt Ihnen unser respektloses Verhalten und beeinflusst somit ihr Selbstbewusstsein negativ.
Wie Sie Ihr Kind stärken können, erfahren Sie in diesem Artikel.
Fazit
Es ist klar, dass wir Eltern auch mal Druck ausüben müssen oder es uns einfach im Alltag passiert. Das ist kein Weltuntergang. Aber im Großen und Ganzen sollte die Richtung stimmen. Wir Eltern müssen und können nicht perfekt sein. Wir sollten dennoch unsere Kinder mit Respekt behandeln und darauf achten, wo wir noch Verbesserungspotenzial haben. Oft sind es nämlich ganz automatische Handlungsweisen und Sätze, die uns herausrutschen, ohne dass wir sie bewusst wahrnehmen. Und vor allem kommt es uns dabei nicht in den Sinn, dass wir nicht respektvoll sind.
Versuchen Sie in nächster Zeit bewusst darauf zu achten. Speziell in Stresssituationen. Sie werden erstaunt sein.
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