Fremdbetreuung von Kindern unter 3 Jahren

Viele Eltern benötigen Hilfe und Unterstützung bei der Betreuung Ihrer Kinder. Auch schon vor dem Kindergartenalter, denn schließlich ist in fast keinem Land die Elternzeit länger als 2 Jahre. Das bereitet den meisten Eltern natürlich Sorgen. Groß sind die Ängste, dass die Fremdbetreuung negative Auswirkungen auf die Bindung und auf die Entwicklung unserer Kinder haben könnte.

Ja, es gibt auch negative Auswirkungen, aber hier verrate ich Ihnen, auf was Sie achten sollten und wie Sie mit diesen umgehen:

  • Achten Sie auf ein gutes Einfühlungsvermögen bei Ihnen und bei den Betreuern.
  • Die Betreuung sollte in Kleinstgruppen stattfinden.
  • Sie sollten Ihr Kind nicht über 20 Stunden in der Woche betreuen lassen.
  • Schenken Sie Ihrem Kind genügend Aufmerksamkeit.
  • Sie sollten auch zu Hause auf kognitive Stimulation achten.

Fremdbetreuung, eine Definition

Fremdbetreuung meint, dass ein Kind von jemandem regelmäßig außerhalb der Kernfamilie betreut wird. Das trifft natürlich auf Kindergarten, Schule, Hort und Nannys zu. Wenn wir von früher Fremdbetreuung sprechen, dann bezieht sich das ganz konkret auf den Zeitraum bis zum 3. Lebensjahr des Kindes.

Genaugenommen gelten die Eltern und Geschwister als Kernfamilie, das kann allerdings individuell unterschiedlich sein. Leben die Großeltern im Haus oder nebenan und besteht ebenfalls ein häufiger regelmäßiger Kontakt, zählen auch diese dazu. Ebenso bei anderen Familienmitgliedern wie Onkel oder Tanten. Aber prinzipiell gelten natürlich auch alle Verwandten als Fremdbetreuung.

FremdbetreuerInnen werden mit der Zeit zu wichtigen Bezugspersonen für unsere Kinder und sind daher ein wesentlicher Bestandteil in ihrem Leben. Auch, wenn diese die Kernfamilie natürlich nicht ersetzen können, sind sie doch ausschlaggebend für die Entwicklung unserer Kinder.

Vor- und Nachteile von frühkindlicher Fremdbetreuung

Die meisten Studien zum selben Thema haben natürlich leicht unterschiedliche Ergebnisse. Das ist im Bereich Fremdbetreuung nicht anders. Im Folgenden beziehe ich die Ergebnisse der NICHD Studie des US-amerikanischen Departments of Health aus 2006 mit ein. Diese ist wohl die umfangreichste Längsschnittuntersuchung zu Fremdbetreuung und liefert viele objektiv gewonnene Daten in Ihrer Originalveröffentlichung.

VorteileNachteile
Sind sozial kompetenter in GruppenBelastet die elterliche Bindung
Kontakt zu annähernd GleichaltrigenBelastet das Einfühlungsvermögen der Eltern
Sprachliche und kommunikative VorteileFinanzielle Belastung
Entlastung der ElternVerhaltensauffälligkeiten bei zu langer Betreuungszeit
Möglicher Ausgleich elterliche DefiziteSchlechtere Gesundheit, betreffend Atmenwegserkrankungen und Magen- und Verdauungsprobleme
Wechselnde Bezugspersonen
Übersicht Vorteile vs. Nachteile der frühen Fremdbetreuung

Fremdbetreuung durch die Großeltern

Bei Fremdbetreuung gibt es natürlich verschiedene Formen. Neben der institutionellen und privaten gibt es auch noch die familiäre Fremdbetreuung. Auch wenn die Großeltern auf das Kind schauen, ist das eine solch familiäre Fremdbetreuung. Hier fallen die Ergebnisse sämtlicher Studien deutlich besser aus.

Die Eltern erfahren mehr über den Tag des Kindes, Kinder machen weniger negative Erfahrungen und haben natürlich die Möglichkeit auf eine innigere, intensivere Bindung. Die Betreuung durch Großeltern erfolgt zudem oft einzeln oder mit nur ein oder zwei anderen Kindern.

Großeltern orientieren sich eher am Erziehungsstil der Eltern oder an dem eigenen. Daher ist dieser für die Eltern mehrheitlich nicht so fremd und kann außerdem besser beeinflusst werden. Das kann allerdings auch ein Nachteil sein. Spannung zwischen den Eltern und Großeltern sind dadurch häufiger als ohne Betreuung der Kinder.

Wie verkraften Kinder Fremdbetreuung?

Die Ergebnisse der NICHD Studie zeigen, dass Kinder, die sehr viel und schon sehr lange fremdbetreut werden, sozial, kognitiv und gesundheitlich schlechtere Ergebnisse haben. Dies erstreckt sich von kurz vor dem Schuleintritt und bis in die Jugend hinein.

ACHTUNG
Am deutlichsten und einflussreichsten waren allerdings die Familienmerkmale der Eltern-Kind-Interaktion.

Den größten Einfluss zeigten die familiären Merkmale in der Eltern-Kind-Interaktion. Wichtig ist hierbei die Sensitivität der Eltern gegenüber dem Kind, die Aufmerksamkeit und die kognitive Simulation, während der aktiven Interaktion mit dem Kind.

Wie viele Stunden Fremdbetreuung sind okay?

Auch über die Stundenanzahl gibt es aufschlussreiche Ergebnisse. Bis zu 10 Stunden Fremdbetreuung in der Woche zeigen keinerlei Einfluss, weder positiv noch negativ.

Über 30 Stunden die Woche bis zum Vorschuljahr werden wiederum als sehr hoch eingestuft. Hier zeigen sich in den Studien auch schon deutlich negative Auswirkungen auf die Eltern-Kind-Interaktion.

Also kann zusammengefasst gesagt werden, dass um die 20 Stunden Betreuung in einer guten Betreuung und bei einer sensiblen Eingewöhnung für Kinder bis drei Jahren machbar sind.

Frühe Fremdbetreuung mit einem Jahr, ist das möglich?

Immer wieder hört und liest man die Sorge, dass Kinder schon recht früh in eine Betreuung müssen. Für viele Mütter endet das Elternjahr nach 12 Monaten und sie müssen wieder in ihren Beruf zurück. Dass hier Sorgen und Ängste hochkommen, ist ganz normal und verständlich. Schließlich wollen wir die besten Chancen für unsere Kinder.

Ja, das Beste ist, wenn die Kinder in dieser Zeit bei wichtigen Bezugspersonen sind. Aber, auch andere Menschen können zu diesen Bezugspersonen werden. Natürlich ist es ratsam, hier auf die Qualität der Fremdbetreuung zu achten. Daher habe ich im nächsten Absatz auch nochmals die wichtigsten Qualitätskriterien für Fremdbetreuung zusammengefasst.

Wie oben schon erwähnt, ist vor allem auch die Qualität der Eltern-Kind-Interaktion ausschlaggebend. Besonders bei kleinen Kindern ist die Zeit, die sie in der Betreuung verbringen, ausschlaggebend. Über 10 Stunden oder weniger müssen wir uns keinerlei Gedanken machen. Auch ist es von Vorteil, wenn Sie die Möglichkeit haben, das Kind innerhalb der Familie betreuen zu lassen oder eine Tagesmutter oder Ähnliches finden, wo die Betreuung wirklich sehr individuelle und mit wenig Kindern pro Betreuer gemeinsam stattfindet.

Es ist wichtig, dass Sie sich hier viel Zeit für eine sanfte Eingewöhnung nehmen. Auch, wenn Ihr Kind nicht so wirkt, als nehme es sehr stark von Ihnen Notiz, ist es dennoch wichtig, dass Sie anfänglich im Raum bleiben. Das kann sich von 2 Wochen bis zu einem Monat erstrecken. Die neue Betreuungsperson sollte zuerst eine Bezugsperson für Ihr Kind werden, bis Sie es schließlich ganz allein dort lassen. Dazu braucht Ihr Kind, wie auch die Betreuungsperson, einfach Zeit. Sie müssen einander erst gut kennen und vertrauen lernen. In dieser Zeit sind wir Eltern als sichere Anlaufstelle unersetzlich.

Wenn Sie auf diese Punkte und die unterstehenden Qualitätsmerkmale achten, sollte es für Ihr Kind absolut in Ordnung sein, auch von wem anderen als Mama oder Papa betreut zu werden. Je gelassener Sie in der Situation sind, desto leichter wird es auch für Ihr Kind. Daher versuchen Sie, diesem neuen großen Schritt positiv entgegenzublicken und sich nicht von Sorgen übermannen zu lassen.

Was sind die wichtigsten Qualitätsmerkmale für Fremdbetreuung?

Nicht jede Betreuung ist gleich gut. Hier habe ich einige wichtige Eckdaten, an denen Sie eine qualitativ gute Betreuung erkennen können:

Qualitätsmerkmale guter Fremdbetreuung

Wie viele Bezugspersonen kann ein Baby oder Kleinkind haben?

Natürlich gelten in erster Linien beide Eltern als Hauptbezugspersonen. Dies gilt aber nur, wenn auch beide Elternteile sich um das Kind kümmern. Bei Babys ist ganz klar meist die Mutter die wichtigste Bezugsperson. Das kann sich dann aber im Kleinkindalter änder. Zumindest kommt meist der Vater hinzu. Besonders, wenn ein Kind fremdbetreut wird, gilt auch diese Betreuungsperson in den meisten Fällen als Bezugsperson. Mehr als drei, maximal vier, Bezugspersonen haben Kinder für gewöhnlich allerdings nicht. Das heißt nicht, dass sie niemand anderen vertrauen, aber zu den Bezugspersonen haben sie eine innige Bindung, vertrauen sich ihnen an und suchen bei ihnen Geborgenheit.

Sollten Sie Sorge haben, dass Ihr Kind nicht sicher an Sie gebunden ist, habe ich hier für Sie einen kleinen Test zusammengestellt, um das zu überprüfen.

Fazit

Fremdbetreuung ist absolut in Ordnung. Auch schon in jungem Alter. Aber es gilt einige wichtige Punkte, wie die Qualität der Betreuung und die Situation und der Umgang in der Familie selbst. Natürlich ist auch der Übergang und die Eingewöhnung wichtig. Legen Sie Wert darauf und nehmen Sie sich genügend Zeit.

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Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
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