Ist streiten in einer Beziehung normal?

Vorweg: Ja, streiten in der Beziehung ist normal und betrifft so ziemlich alle Partnerschaften. Zu streiten bedeutet eigentlich nichts anderes, als nicht gleicher Meinung zu sein. Aber natürlich kommt es auf das Wie an. Auch laut und emotionsgeladen zu streiten, ist normal.

Streit kann auch etwas Gutes sein und uns in einer Beziehung weiterhelfen. Nämlich immer dann, wenn wir auch respektvoll mit unserem Partner umgehen und uns in einer zufriedenstellenden Weise einigen können. Wie das gelingt und bis wohin, was normal ist, können Sie hier nachlesen.

Sind Streits in einer Beziehung normal?

Um es gleich noch einmal zu wiederholen: Ja, streiten ist normal, egal, wie groß die Liebe ist. Handgreiflichkeiten und Demütigungen hingegen sind nicht normal und dürfen keinesfalls geduldet werden.

Im Streit prallen zwei unterschiedliche Sichtweisen aufeinander und werden meist sehr euphorisch von den Streitbeteiligten vertreten. Solche Auseinandersetzungen kommen meist erst auf, wenn der Alltag in eine Beziehung Einzug hält. Zuvor tragen wir als Verliebte die sogenannte rosarote Brille, bei der wir über Unzulänglichkeiten und zuwiderlaufenden Meinungen hinwegsehen, genauer gesagt, sie auch gar nicht wirklich mitbekommen.

Wenn sich diese erste Verliebtheit legt, fallen uns solche „Abweichungen“ von dem, was wir für angemessen und gut ansehen, häufiger auf. Da es sich aber um einen Menschen handelt, den wir lieben, ist unsere Toleranz hierfür größer, als das bei anderen Personen der Fall sein würde. Bei manchen Menschen ist die Toleranz gegenüber geliebten Personen allerdings geringer, da sie mehr von Ihnen erwarten als von anderen. Beides führt jedoch dazu, dass sich Frust und eventuell Ärger in uns aufstaut, bis wir dann endlich etwas sagen. Dabei platzt dann alles aus uns heraus. Dadurch fühlt sich unser Partner angegriffen und geht in eine Verteidigungsposition. Hiermit hat der Streit begonnen.

Natürlich kann es auch vorkommen, dass wir das Problem schon öfter angesprochen haben und der Partner einfach nicht darauf reagiert. Auch in diesem Fall steigt Frust und Verzweiflung in uns hoch, dass schließlich in einem Streit oder zumindest Konflikt mündet, auch wenn dieser augenscheinlich nur einseitig ist.

Warum streiten sich Menschen, die sich lieben?

Nur, weil sich Menschen lieben, heißt das nicht, dass sie zu allen Themen und Belangen dieselbe Meinung haben. Je nach Temperament und Art der Beziehung könnten Konflikte in einen mehr oder minder heftigen Streit ausarten oder auch offen ausdiskutiert werden. Natürlich wollen die meisten von uns, dass wir über Konflikte ruhig und konstruktiv diskutieren, allerdings spielen da viele Faktoren mit rein, ob uns und unserem Partner das auch gelingt. Hier spielt nicht nur das uns zugrundeliegende Temperament eine Rolle, sondern auch unsere Tagesverfassung, unsere bisherigen Erfahrungen, die Wichtigkeit des Themas und noch vieles mehr. Und das gilt nicht nur für uns, sondern natürlich auch für unseren Partner. Das heißt, es prallen zwei Meinungen mit ganz vielen Einflüssen aufeinander. Daher gelingt es manchmal besser, manchmal schlechter, mit Auseinandersetzungen umzugehen.

Info
Unsere Gefühle färben unser Denken und unser Denken bestimmt unser Handeln.

Auch, wenn Liebe ein sehr starkes Gefühl ist, hat es oft dich keine Chance gegen kurzfristig hochkochende Emotionen, wie Wut, Ärger, aber auch Sorgen, Angst und Verzweiflung. Diese Emotionen verdrängen die Liebe nicht, aber überdecken sie kurzfristig. Das hängt stark mit unserem Selbsterhaltungstrieb und mit unserem Selbstwert zusammen. Wir streiten kaum über Themen und Dinge, die uns nicht wichtig sind. Sie haben für uns meist eine große Bedeutung. Deshalb verteidigen wir diese Meinungen, Ansichten oder Pläne auch, egal vor wem.

Wie oft streiten ist normal?

Als „normal“ betrachten wir Vorkommnisse, die wir auch häufig bei anderen beobachten. In einer Studie von Parship.de zeigt sich, dass über 60 % der Paare mindestens einmal im Monat streiten. Dass es mehrmals in der Woche zu Streit kommt, ist in dieser Umfrage nur bei 9 % der Paare der Fall.

Natürlich hängt es auch stark von der Sichtweise ab, was und ob eine Meinungsverschiedenheit ein Streit ist oder nicht. Diese Sichtweise ist auch ein wichtiger Ansatzpunkt zum Schaffen von Klarheit in Beziehungen. Was für manche belastend ist und als Streit wahrgenommen wurde, sieht der andere vielleicht nur als kurzen Schlagabtausch und halb so wild an.

Streithäufigkeit in Beziehungen

Umfrage und Tabelle von Parship.de.

 GesamtMännerFrauen18–29 Jahre50–65 Jahre
Mehrmals die Woche9 %9 %8 %6 %7 %
Einmal die Woche14 %15 %14 %17 %11 %
Mehrmals im Monat, aber nicht jede Woche21 %22 %20 %20 %19 %
Einmal im Monat19 %19 %19 %26 %19 %
Mehrmals im Jahr25 %25 %25 %25 %26 %
Einmal im Jahr8 %7 %9 %3 %11 %
Wir streiten uns nie4 %5 %4 %2 %7 %
Zumindest einmal im Monat63 %64 %62 %70 %57 %
Häufigkeit von Streit in Beziehung

n=706, nur Paare, Prozentangaben gerundet.

Was kann ich tun, wenn ich in meiner Beziehung oft streite?

In eben erwähnter Studie zeigt sich auch, dass die meisten versuchen Ruhe zu bewahren und das Thema auszudiskutieren. Das ist natürlich löblich und im Sinne einer gemeinsamen Zukunft auch empfehlenswert.

12 Tipps, um weniger zu Streiten

Prinzipiell gilt:

  • Respektvoll sein!
  • Den anderen aussprechen lassen.
  • Nie den anderen demütigen!
  • Versuchen, auch den Standpunkt des anderen nachzuvollziehen.
  • Versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden, die für beide passt.
  • Bleiben Sie beim Kern der Sache und ufern Sie im Streitthema nicht auf anderes aus.
  • Sprechen Sie Ärgernisse oder Ungereimtheiten frühzeitig an.
  • Versuchen Sie, keinen innerlichen Frust aufzubauen.
  • Manchen Sie sich und Ihrem Partner Ihre eigenen Grenzen klar.
  • Wahren Sie Ihre Grenzen, auch in einer Beziehung.
  • Schaffen und genießen Sie viele schöne, gemeinsame Momente.
  • Hacken Sie Streitigkeiten ab, wenn Sie diese zufriedenstellend gelöst haben. (Keine nachträglichen Vorwürfe machen).

Mehr zu Streit wegen Kleinigkeiten können Sie hier nachlesen: Sie streiten wegen Kleinigkeiten? Warum das so ist und was dagegen hilft!

Wie verhält man sich nach einem Streit mit dem Partner?

Auch wenn wir noch so bemüht sind, gelegentlich krachen wir dann doch mit unseren Liebsten zusammen. Natürlich fällt es uns dann manchmal schwer, dem Partner wieder in die Augen zu schauen. Sei es, weil wir uns schämen, weil wir noch wütend sind oder gekränkt. Nach einem Streit schwelgen meist noch viele Gefühle im Hintergrund mit.

Es ist ratsam, den Streit zumindest kurz anzusprechen, um darunter einen Schlussstrich ziehen zu können. Das heißt nicht, dass es unbedingt ein ausführliches Gespräch braucht oder langwierige Diskussionen. Manchmal braucht es nur eine kurzes „Tut mir leid“ oder „Das hat mich wohl mehr geärgert, als ich dachte.“ Reden und Klarheit in Themen bringen, ist in einer Beziehung essenziell. Allerdings muss man auch nicht immer alles tot reden. Manchmal reichen kurze klare Ansagen, je nachdem, was die Situation auch erfordert.

Wichtig
Den Streit nicht ignorieren und einfach wieder zum Alltag zurückkehren.
Zumindest kurt ansprechen, um einen Schlussstrich unter den Streit zu schieben.

Wir sollten jedenfalls die Größe besitzen und ehrlich sein. Egal, ob das heißt, dass wir uns entschuldigen sollten oder wir uns vielleicht noch ärgern oder verletzt sind.

Vor allem, wenn wir im Streit Dinge gesagt haben, die den anderen verletzt haben, bedarf das einer ehrlichen Entschuldigung. Natürlich ist es manchmal einfach, so zu tun, als sei nichts gewesen, aber Verletzungen und Enttäuschungen bleiben so bestehen und der Konflikt vertieft sich wahrscheinlich noch weiter.

Am leichtesten fängt man ein Gespräch mit einem sogenannten „Eisbrecher“ nach einem Streit an. Also man sagt etwas Lustiges, etwas Belangloses oder einfach, etwas ganz anderes als das Streitthema. Dann findet man oft zurück auf eine normale und entspanntere Gesprächsbasis, die dann im besten Fall ein konstruktives Gespräch ermöglicht.

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Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
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