Was tun gegen Langeweile

Langeweile. Wir alle kennen sie und viele von uns mögen sie nicht. Langeweile ist aber durchaus auch gut für uns Menschen.

Vor allem unsere Kreativität kommt bei Langeweile so richtig in Schwung. Was, das glauben Sie nicht? Dann dringend hier weiter lesen.

Was ist Langeweile eigentlich genau?

Langeweile hat sogar eine Definition. Der Psychologe meint:

Langeweile ist der unerfüllte Wunsch nach einer befriedigenden Tätigkeit

Diese Aussage trifft es eigentlich recht gut. Gleichzeitig sagt sie uns außerdem: Langeweile entsteht nicht einfach so. Sie entsteht, wenn wir einer Tätigkeit nachgehen, auf die wir uns nicht mehr konzentrieren wollen oder können und deshalb nach einer anderen sinnvollen Betätigung suchen. Unser Gehirn verlangt ja Beschäftigung, nur eben die momentane nicht.

Was können Erwachsene gegen Langeweile tun?

Nun ja, tatsächlich gibt es auch hier so eine Art Urinstinkt. Wissen Sie vielleicht, was wir Menschen so ziemlich am häufigsten machen, wenn uns langweilig ist und wir zum Sitzen „gezwungen“ sind? Also zum Beispiel, wie in der Schule, in der Arbeit oder bei Vorträgen? Wir kritzeln.

Dieses Kritzeln auf Unterlagen ist in Wirklichkeit unsere Reaktion auf Langeweile. Wir setzen eine kreative Handlung, um uns abzulenken und uns zu beschäftigen. Gerade in solchen Situationen ist es für uns schwierig, eine passende Überbrückung zu finden, die andere nicht stört und nicht weiter auffällt. Kleine Zeichnungen helfen hier relativ gut, aber auch das genaue Beobachten der Umgebung und allen Details darin, sowie Gedankenspiele oder Gedankenreisen können bei dieser Überbrückung helfen.

Wir müssen es schaffen, unsere Konzentration zu lenken. Wir müssen unser Hirn also mehr oder weniger beschäftigen. Das hat zwar den Nachteil, dass wir wahrscheinlich nicht mitbekommen, was eigentlich vorgetragen wird oder wir vernachlässigen unsere momentane Arbeit, aber Fakt ist, wir haben fast keine andere Möglichkeit.

Wir können nur versuchen, unsere Aufmerksamkeit zumindest auf sinnvolle Betätigungen zu lenken. Zugegeben, bei Vorträgen oder in der Schule mag das nicht gut funktionieren, aber für andere Situation kann es hilfreich sein. Wir könnten versuchen zu schreiben, wobei hier auch kreative Notizen in der Schule oder Vorträgen sein. In der Arbeit könnte man sich einen anderen Arbeitsauftrag suchen, wenn möglich. Oder wenn es die Freizeit betrifft, eine andere Betätigung suchen, wie basteln, zeichnen, bügeln, handwerken, zum Beispiel.

Allgemein ist die Konzentration ein breites Feld. In den folgenden Artikeln finden Sie ein paar detaillierte Information zu bestimmten Aspekten:

Wie sie die Konzentration im Kindergartenalter fördern können, habe ich hier in einem eignen Beitrag zusammengefasst. Für das Schulalter bitte hier ein paar Übungen holen.

Aber auch was es mit der Pubertät und Konzentration auf sich hat, gibt es hier nachzulesen.

Und wenn sich Ihr Kind schwertut stillzusitzen, habe ich noch diesen Beitrag für Sie.

Langeweile bei Kindern

Natürlich sind auch Kinder immer wieder vom Phänomen Langeweile betroffen. Manchmal mag es sogar vorkommen, dass ihnen beim Fernsehen langweilig wird. Auch bei ihnen hat das denselben Grund, sie können oder wollen ihre Aufmerksamkeit einfach nicht mehr auf die momentane Betätigung richten.

Gerade Kinder ermüden noch viel schneller und können sich natürlich noch nicht so lange konzentrieren wie Erwachsene. Das mag jetzt komisch klingen, aber auch Fernsehen erfordert Aufmerksamkeit. Es muss der Handlung gefolgt werden, mit gedacht werden und manchmal muss auch geschlussfolgert werden. Das alles benötigt natürlich eine Menge an Denkleistung und führt auch rasch zu Ermüdung.

Bei Schulkindern der Sekundarstufe entspricht die Konzentrationszeit ungefähr 30 - 50 Minuten und danach braucht es eine Pause. Pausen können auch durch andere Beschäftigungen gefüllt werden. Werden diese nicht gefüllt, empfinden unsere Kinder das als Langeweile.

Typische Konzentrationsspanne nach Alter

Was können wir gegen Langeweile (bei Kindern) tun?

Wir können unseren Kindern eine andere sinnvolle Beschäftigung anbieten. Je nachdem, ob unsere Kinder gerade etwas Anstrengendes gemacht haben, wie Hausaufgaben, lernen, lesen oder was vermeintlich Entspanntes, wie spielen, fernsehen oder kochen. Es ist immer gut zu versuchen, einen Kontrast zu schaffen und unseren Kindern danach etwas Gegenteiliges anzubieten.

Jeder von uns kennt die Vorlieben seiner Kinder. Meine Tochter liebt Einhörner und Glitzer. Also kann ich ihr einfach anbieten, dass wir ein Glitzereinhorn basteln oder ich drucke ihr eine Einhorn-Malvorlage aus, die sie dann selbst zum Glitzern bringt.

Unsere Kinder sind vorwiegend für das begeisterungsfähig, was sie gerne mögen und was ihnen ungewöhnlich präsentiert wird. Alles, was besonders ist, ist toll und zieht ihre Aufmerksamkeit auf sich. Das können wir uns natürlich gegen Langeweile zu Nutzen machen.

Hier ein paar Tipps:

Zweckentfremden

Wir können etwas zweckentfremden, indem wir etwas anders präsentieren als normalerweise üblich, wie ein langweiliger Löffel. Aber einen Löffel, auf dem ein Ball balanciert wird, ist etwas Besonderes. Und erst recht, wenn man daraus einen Wettbewerb oder einen Geschicklichkeitsparcours macht.

Sie sehen, es muss nicht etwas Großes oder etwas Umfangreiches sein. Einfaches kann hier recht schnell weiterhelfen. Besonders bei kleineren Kindern.

Spiele oder Beschäftigungen aus unserer Kindheit

Manchmal hilft es, sich unserer eignen Kindheit zu besinnen und zu überlegen, was haben wir früher gerne gemacht. Ich habe zum Beispiel gerne mit dem Hulahoopreifen gespielt und bin Springschnur gesprungen.

Nun ja, bei diesen Sachen mag dann vielleicht das ein oder andere dabei sein. Einfach ausprobieren und mit hoher Wahrscheinlichkeit macht es auch nach vielen Jahren noch immer Spaß. Und wir begeistert auch unsere Kinder, wenn wir selbst mit Leidenschaft dabei sind.

Kreativ beschäftigen

Kreative Beschäftigungen sind beides. Eine kleine Pause von anstrengenden Aufgaben und gleichzeitig eine wahre Quelle für neue Ideen und Anregungen. Kreative Beschäftigungen bringen uns zunächst auf andere Gedanken und schaffen uns den nötigen Freiraum und Abstand, denn es braucht, um sich dann auch wieder mit der eigentlichen Aufgabe beschäftigen zu können. Eventuell erreichen wir dadurch auch neue Gesichtspunkte und Aspekte berücksichtigen zu können. Das kann: lesen, schreiben, zeichnen, kritzeln, rhythmisch klopfen, summen, dichten oder was auch immer Spaß macht sein.

Langweile ist gut und wichtig!

Langweile hat leider einen schlechten Ruf. Wir setzen es oft mit faul und untätig gleich. Die meisten Menschen mögen Langeweile nicht, weil es nämlich in uns auch Stress auslöst. Wir nehmen das als unangenehmes Gefühl wahr und regelrecht als innerlicher Druck. Langeweile ist ja, wie anfangs schon gesagt, ein unerfüllter Wunsch.

Langeweile ist für uns Menschen, egal ob Erwachsener oder Kind, aber auch wichtig und gut. Ist uns langweilig, sind wir bestrebt unsere Zeit sinnvoll zu füllen und uns eine Beschäftigung zu suchen. Diese Beschäftigung soll diesen Wunsch nach einer sinnvollen Beschäftigung erfüllt. Wir sind also hoch motiviert, dieses unangenehme Gefühl zu bekämpfen.

Daher gehen wir dann auch nach einer kurzen Findungsphase hoch motiviert in eine Beschäftigung rein. Wir steigern und tigern uns richtig in die neue Aufgabe rein. Das hilft uns neue Fähigkeiten zu entdecken, aber auch noch besser Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entwickeln und zu fördern. Wir werden bei dem, was wir tun, immer besser, weil wir ja hoch engagiert sind, bei dem, was wir tun.

Das hat natürlich langfristig ausgezeichnete und förderliche Auswirkungen auf die Entwicklung. Nicht nur bei der Aufgabe oder dem Aufgabenbereich selbst, sondern auch auf das Selbstvertrauen und das Selbstbewusstsein. Wir lernen so kennen, was wir alles können und wozu wir eigentlich alles imstande sind.

Leben ohne Langeweile

Werden wir oder auch unsere Kinder hingegen ständig beschäftigt und von außen „bespaßt“ entsteht eigentlich nie Langeweile. Es besteht also nie die Notwendigkeit, uns selbst etwas zu suchen, das unser Interesse weckt und in das wir oder unsere Kinder sich dann komplett vertiefen können.

Deswegen lernen wir oder unsere Kinder dann auch nicht, wie wir selbst diesen Stress der Langeweile aushalten und was wir dagegen unternehmen können. Ja, auch das muss erst gelernt und natürlich geübt werden. Wir müssen lernen, diesen Stress und die Frustration aufzuschieben und zu überwinden.

Das ist natürlich nicht ganz einfach. Ungefähr im Altern von 6 Jahren haben wir Menschen diese Fähigkeit gut genug gelernt, um damit vernünftig handeln zu können. Außer, es wurde uns immer abgenommen und wir wurden immer unterhalten und beschäftigt. Dann kann sich diese Entwicklung natürlich auch stark verzögern oder sich nie richtig ausbilden.

Langeweile ist also nicht nur etwas Schlechtes, das wir sofort beseitigen müssen. Nein, Langeweile ist eine Chance. Eine Chance auf Selbstverwirklichung und auf eine Erfahrung, die uns und unseren Kindern hilft, Neues zu entdecken und Experten zu werden in etwas, was wir vielleicht ohne Langeweile nie gemacht hätten.

Wir müssen Langeweile nur aushalten und ihr aktiv begegnen. Mit obigen Tipps haben wir dann die Möglichkeit, eine Beschäftigung zu finden, in die wir uns vertiefen. Und auch wenn wir dann nicht die Meistermaler oder preisgekrönten Dichter werden, haben wir zumindest wieder etwas gemacht, was wir vielleicht schon lange nicht mehr gemacht haben und uns Spaß gemacht oder einfach eine neue Erfahrung verschafft hat. Und auch das sind positive Resultate.

Wie lange können sich Kindern eigentlich konzentrieren?

In der Grafik konnten Sie schon die ungefähren Konzentrationsdauern ablesen. Es gibt die Faustregel, dass sich Kinder in etwa 2 - 5 Minuten pro Jahr konzentrieren können. In der Grafik sind hier 2–3 Minuten als typische Werte angeführt.

Falls Sie sich nun fragen, wie lange sich Kinder auf eine Aufgabe konzentrieren können und ab wann sie eine Pause oder zumindest eine Abwechslung brauchen, habe ich hier noch eine kleine Übersicht für Sie zusammengestellt:

Alter des KindesDauer der Konzentration im Durchschnitt
6 - 12 MonatenBis zu 3 Minuten
1 - 2 JahrenBis zu 5 Minuten
2 - 4 JahrenBis zu 10 Minuten
5 - 7 JahrenBis zu 18 Minuten
10 - 12 JahrenBis zu 25 Minuten
12 - 16 JahrenBis zu 30 Minuten
Übersicht Konzentrationsdauer

Interessantes zum Lesen

Für alle, die jetzt noch nicht genug haben und noch mehr wissen wollen, habe ich hier ein paar gute Artikel herausgesucht:

Regulation von Langeweile im Unterricht
Langeweile im Fach Mathematik
Zeit für sich selbst. Muße, Langeweile und die Nutzung digitaler Medien im Alltag

Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
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