Traumatisierte Kinder: Anzeichen und richtiger Umgang

Leider erleiden auch Kinder Traumata. Das heißt, sie erleben eine existenzielle Bedrohung (wie Krieg, Tod oder auch ein schwerer Unfall). Diese löst eine tiefgreifende Verzweiflung aus. Die Kinder werden traumatisiert. Das kann den Kindern selbst passieren, aber auch durch Beobachten oder gar durch das Erzählen eines solchen Ereignisses. Alle Menschen reagieren recht unterschiedlich auf belastende Situationen. Das ist bei Kindern nicht anders.

Zeigen sich anhaltende Beschwerden durch solche eine Bedrohung, nennt man dies eine Traumafolgestörung. Die bekannteste ist wohl die posttraumatische Belastungsstörung. Symptome sind meist Probleme beim Erinnern, negative Gedanken, erhöhte Alarmbereitschaft und Vermeidung. Diese Symptome wirken sich auf viele kognitive Bereiche aus. Natürlich ist hier professionelle Hilfe wichtig, aber auch das Erkennen und Unterstützen der Kinder im (Schul-) Alltag ist wichtig. Darum gibt es hier, alle wichtigen Informationen dazu in Kürze.

Umgang mit traumatisierten Kindern

Im Umgang mit traumatisierten Kindern können einige Vorkehrungen getroffen werden, um diesen Kindern den Alltag zu erleichtern und sie ins soziale Miteinander einbinden zu können. Natürlich ersetzen diese Tipps keine Therapie. Das Aufarbeiten und Verarbeiten eines Traumas muss oberste Priorität haben und durch fachlich qualifizierte Personen (Kriseninterventionsteam, klinische Psychologen, Psychotherapeuten oder Psychiater) erfolgen.

Ihr Kinderarzt bietet hier eine erste Anlaufstelle, um weitere Angebote in Ihrer Umgebung zu bekommen. Dennoch können Eltern, Pädagogen, Nachbarn, Gemeindemitglieder, Familienmitglieder und alle anderen, die mit einem traumatisierten Kindern in Kontakt sind, helfen. Darum habe ich hier einige wichtige Tipps in Kürze:

Für traumatisierte Kinder sind die folgenden Punkte wichtig:

  • Sie sollten sich sicher fühlen
  • Eine Vertrauensperson immer in der Nähe haben (Lehrer, Eltern, Geschwister, Freunde, ausgewählte KlassenkollegInnen)
  • Das Kind beruhigen, wenn es verloren oder ängstlich scheint
  • Auf das Hier und Jetzt hinweisen
  • Wir sollten viel Geduld für sie aufbringen
  • Bei Arbeitsaufträgen wir uns vergewissern, dass sie sie auch mitbekommen und verstanden haben
  • Zu Erklärungen konkrete Alltagsbezüge herstellen
  • Neues öfter wiederholen als üblich
  • Emotionen ernst nehmen und aufgreifen (nachfragen, beistehen …)
  • Trauern zulassen
  • Wut in der Gruppe und einzeln thematisieren
  • Aggression in der Gruppe und einzeln thematisieren
  • In problematischen Situationen unterstützen
  • Problematische Situationen nachbesprechen
  • Rücksicht auf kulturspezifische Besonderheiten nehmen (bei Flüchtlingen)
  • Wichtige Informationen zum Befinden und der Situation des Kindes mit dem Umfeld besprechen (mit Schule, Kindergarten, Familienmitglieder …)
  • Rückzugsmöglichkeiten schaffen für Privatsphäre
  • Freizeitaktivitäten besuchen
  • Kontakt mit Gleichaltrigen fördern
  • Kontakt mit Kindern mit ähnlichen Erfahrungen ermöglichen
  • Auf einen geregelten Schlafrhythmus hinweisen und diesen beobachten
  • für Anstrengungen loben
  • Sprachbarrieren mindern (durch Sprachkurse, durch muttersprachliche Beschilderungen, Übersetzungstexte …)
  • Hilfe von außen in Anspruch nehmen (Sozialarbeiter, Familienberatung, Psychotherapie …)

Traumatisierte Kinder stärken

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Traumatisierte Kinder können vorrangig dadurch gestärkt werden, dass wir ihnen einen normalen Alltag ermöglichen. Allerdings unter Berücksichtigung, dass diese Kinder viel mehr Unterstützung benötigen als andere. Es ist ein schwieriger Balanceakt zwischen „die Situation nicht ignorieren“ und „nicht anders zu behandeln“. Im Prinzip tut traumatisierten Kindern das gut, was allen anderen Kindern auch guttut. Nur, dass sie dabei eventuell mehr Anleitung und mehr Unterstützung benötigen und von vielen einfach auch etwas mehr, wie von Geduld und Erklärungen zum Beispiel. Hier können auch visuelle Stundenpläne (Werbung) helfen, um den Tagesablauf zu erleichtern.

Ängstlichkeit, Stress und negative Gedanken stehen bei traumatisierten Kindern oftmals im Vordergrund. Daher ist ihr Verhalten und ihre Sichtweise meist davon stark beeinflusst. Es ist also besonders wichtig, traumatisierten Kindern andere Blickwinkel und Perspektiven aufzuzeigen. Nicht nur auf Situationen als ganzes, sondern auch bei Kleinigkeiten, wie einzelne Interaktionen mit anderen Kindern oder einzelne Aussagen anderer Kinder zum Beispiel.

Das soziale Miteinander, die sozialen Regeln sollten gefördert und unterstützt werden. Aber auch das Selbstbild und der Selbstwert sollten dringend gefördert und gehoben werden. Dies gelingt einerseits über das gemeinsame Spielen und gemeinsame Aktivitäten mit Gleichaltrigen und andererseits auch gezielt durch Anerkennung, Respekt und Vertrauen. In meinem Artikel: „Tipps zum Selbstwert stärken“ erfahren sie genauer, wie es gut gelingt.

Wie verhalten sich traumatisierte Kinder? - Symptome

Natürlich gibt es auch sichtbare Anzeichen, wenn Kinder traumatisiert sind. Diese können, müssen aber nicht auf ein traumatisches Erlebnis hinweisen.

Fehlende oder schwache Konzentration

Das Gehirn ist durch die ständige Alarmbereitschaft überfordert und ausgelastet, daher fällt es ihnen schwer, sich zu konzentrieren. Meist sind traumatisierte Kinder auch einfach müde, weil die belastende Situation sich negativ auf ihren Schlaf auswirkt. Alles zusammen führt dazu, dass sich diese Kinder nicht gut und ausdauernd auf eine Aufgabe konzentrieren können. Sie werden durch andere Reize auch leichter abgelenkt, da sie durch diese Übererregung auch sehr schreckhaft sind.

Lernen fällt schwerer

Durch diese Überbelastung fällt traumatisierten Kindern auch das Lernen deutlich schwerer. Sie benötigen deutlich mehr Wiederholungen und deutlich mehr Zeit, bis neues Erlernt werden kann.

Misstrauen und Einsamkeit

Natürlich wirken sich die erlebten Ereignisse auch direkt auf das Sozialverhalten von Kindern und Jugendlichen aus. Durch die erfahrenen gewalttätigen Ereignisse sind traumatisierte Kinder meist anderen Personen misstrauisch gegenüber.

Zusätzlich stellt sich bei geflüchteten Kindern das Problem, dass es eine Sprachbarriere gibt. Dadurch fällt es ihnen natürlich schwer, mit anderen Kindern in einen Dialog zu kommen, so wie sie das möchten. Aber durch die außergewöhnliche familiäre Situation kommt es auch zu mehrfach Belastungen. Es findet oft keine „normaler“ Familienalltag statt. Meist haben die Eltern viele Behördengänge zu erledigen und müssen sich erst einen komplett neuen Alltag in ihrer neuen Realität aufbauen. Da bleibt natürlich wenig Zeit für den „normalen“ Alltag und das ein oder andere Bedürfnis bleibt auf der Strecke. Zusätzlich zu den Sorgen und der Angst um daheimgebliebene Familienmitglieder natürlich. Das belastet geflüchtete Kinder noch zusätzlich und schränkt natürlich stark ihr Freizeitverhalten und die sozialen Aktivitäten, wie Treffen mit Gleichaltrigen ein.

Aggressives Verhalten

Oftmals ist bei traumatisierten Kindern und Jugendlichen eine Neigung zu aggressivem Verhalten zu beobachten. Das liegt ein den hohen Stresslevel und der ständigen Alarmbereitschaft ihres Körpers und Gehirns. Das lässt sie auch heftiger und rascher auf Frust reagieren.

Hinzu kommt, dass traumatisierte Menschen auch sensibler auf gewisse Reize reagieren, die sie mit dem traumatisierten Erlebnis in Verbindung bringen. Und ständige Angst und Alarmbereitschaft kann aggressives Verhalten auslösen, da es unseren Kampfmodus zur Verteidigung aktiviert.

Bei Kindergarten und Volksschulkindern können Sie hier gut mit einem Wutmonster (Werbung) ansetzen oder für größere Kinder auch gezielt die Aufmerksamkeit auf die Emotionen durch Achtsamkeits- und Gefühlskarten (Werbung) lenken.

„Flashbacks“

Gemeinhin als Flashback bekannte Phänomen nennen wir in der Psychologie dissoziative Zustände. Traumatisierte Kinder werden also durch einen bestimmten Auslöser, der sie an das Trauma erinnert, aus ihrer momentanen Umwelt und Wahrnehmung herausgerissen. Psychisch befinden sie sich dann in der traumatisierenden Situation wieder. Das hat meist auch physische Auswirkungen auf das Hier und Jetzt. Sie erstarren, zittern, verstecken sich, schreien plötzlich und zeigen ähnlich panikartige Verhaltensmuster. Oft sind sie für andere in diesem Moment nicht ansprechbar. Hier ist gezieltes Beruhigen, mit tief durchatmen und das Kind ermutigen, die Umgebung zu beschreiben und dergleichen sinnvoll. Auch eine Beschwerungsdecke (Werbung) kann hier helfen, dass sich das Kind beruhigt.

Arten von Traumata bei Kindern

Oftmals können Krisen auch von einem Kriseninterventionsteam aufgefangen werden. Hier handelt es sich um akute Traumata. Diese können verhältnismäßig rasch und kurzfristig oder zumindest mittelfristig aufgearbeitet werden. Werden diese allerdings nicht aufgearbeitet oder/und sind sie sehr tiefgreifend, kann dies auch zu chronischen Traumata führen. Diese sind schwierig und langfristig zu behandeln.

Häufigkeiten von Traumata

MännerFrauen
USA61 %51 %
Deutschland26 %17,7 %
Häufigkeiten von Traumata

Häufigkeit einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)

MännerFrauen
USA8,2 %19,6 %
Deutschland3,9 %12,4 %
Häufigkeit einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)

Häufigkeit einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nach Art des Traumas  

Art des TraumasHäufigkeit einer PTBS
Vergewaltigung37,5 – 55,5 %
Krieg7,9 – 38,8 %
Misshandlung als Kind30,6 – 35,4 %
Vernachlässigung als Kind21,8 %
Waffengewaltandrohung17,2 %
Körperliche Gewalt1,7 – 11,5 %
Unfälle7,6 – 12,8 %
Zeuge von Unfällen, Gewalt7,0 %
Feuer/Naturkatastrophen4,5 %
Häufigkeit einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nach Art des Traumas

Quelle: Universitätsklinikum Dresden

Pädagogischer Umgang mit traumatisierten Kindern

Die oben gelisteten Tipps eignen sich natürlich auch für Pädagogen in Kindergärten und Schulen.

Besonders im Gruppenverband ist es wichtig, traumatisierten Kinder Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen und ihm/ihr so Raum zu geben, eine Pause, vom zusätzlich noch stressigen Alltag und sozialen Interaktionen zu ermöglichen.

Auch bedarf es ein oder mehrere Vertrauenspersonen, die dem Kind Sicherheit geben und es unterstützen, wenn nötig.

Teambuilding ist für alle Gruppen gut, besonders aber, wenn belastete Kinder in der Gruppe sind. Es stärkt das Dazugehörigkeitsgefühl und schafft positive Erfahrungen im sozialen Miteinander.

Zusätzlich ist es sinnvoll, alle Kinder für den Umgang mit Wut und anderen starken Emotionen zu sensibilisieren. So lernen alle besser, sich selbst zu kontrollieren und auch anderen dabei zu helfen oder andere zumindest zu verstehen, wenn es doch zu einem Wutausbruch kommt. Und das lässt sich im Schul- und Kindergartenalltag natürlich nicht komplett vermeiden.

Zu bedenken ist auch, die zusätzliche Lernzeit, die die meisten traumatisierten Kinder benötigen. Hier ist es gut, auch als Pädagoge nochmals darauf zu achten, dass das Kind den neuen Lernstoff wirklich verstanden hat oder ob es vielleicht noch einige zusätzliche Erklärungen und praktisches Durcharbeiten benötigt. Ebenso ist das beim Aufgaben Stellen. Hier ist es sinnvoll, sich nochmals rückzuversichern, ob der Auftrag auch verstanden wurde. Schriftliche und bildliche Anleitungen können hier hilfreich sein.

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Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
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