Zwänge bei Kindern

Es begann mit normalen Händewaschen vor dem Essen, bis Amelie schließlich täglich über 30-mal zum Waschbecken lief. Zwänge können auch Kinder betreffen. Je älter Kinder werden, desto häufiger lassen sich auch Zwänge feststellen.

Zwänge sind ein Ausdruck von Angst. Zwangshandlungen oder auch Zwangsgedanken werden angewandt, um Ängste und Sorgen zu vermindern, um Kontrolle in nicht kontrollierbare Situationen zu bringen.

In diesem Artikel können Sie mehr darüber lesen, woher Zwänge kommen, was zu tun ist und wie Sie als Elternteil damit umgehen können.

Was löst Zwänge bei Kindern aus?

Der Auslöser für Zwänge sind bei allen Menschen Ängste. Bestimmte Vorstellungen oder Handlungen werden immer wieder und in genauer Abfolge gemachte, um diesen Angstauslöser zu vermeiden. Die Zwangsvorstellungen und Zwangshandlungen selbst nehmen oft viel Zeit in Anspruch und beeinflussen den gesamten Alltag. Durch diese Handlungen wird die Angst geschwächt und es herrscht die Vorstellung, dadurch die vermeidlich negativen Konsequenzen oder Geschehnisse verhindern zu können. Allerdings glauben viele auch, dass dieses Negative passiert, wenn Sie nicht diesen Zwangshandlungen nachgehen. Kontrolle in scheinbar unkontrollierbare Situationen bringen, schafft Halt und Sicherheit.

Die Veranlagung zu Zwängen wird in den Genen und Umweltfaktoren vermutet. Es wurden bereits bestimmte Gene identifiziert, die die Entstehung von Zwangsstörungen begünstigen. Natürlich gibt es auch zahlreiche belastende Situationen, die Ängste bei Kindern verursachen und dadurch Zwänge auslösen können. Häufig sind es Probleme innerhalb der Familie (Tod, Trennung, Stress, Druck oder Streitigkeiten) für die sich Kinder unterbewusst verantwortlich fühlen. Diese Situationen erzeugen Ängste und manche Kinder versuchen, diese Ängste und die Situation durch eine Zwangshandlung zu kontrollieren. „Wenn ich immer die Treppen zähle, streiten Mama und Papa nicht.“ Auch wenn die Zwangshandlungen für uns unlogisch und ohne Zusammenhang erscheinen, helfen diese dennoch in der Vorstellung unserer Kinder.

Allerdings gibt es auch, wie jüngst entdeckt, einen Zusammenhang mit Virusinfektionen, die Zwangsstörungen gewissermaßen über Nacht auslösen. Genaueres wird allerdings noch untersucht.

Symptome einer Zwangsstörung bei Kindern

Die Symptome einer Zwangsstörung zeigen sich anfänglich nur sehr schwach und werden dann mit der Zeit immer deutlicher, da sie immer starrer und auch zeitintensiver werden.

Kinder mit Zwangsstörungen haben Ängste und sehen einen Ausweg in bestimmten Handlungen oder Gedanken. Folgende Zwangshandlungen lassen sich häufig beobachten:

  • Überprüfen, ob der Wecker ausgeschaltet oder eine Tür verschlossen ist
  • Übermäßiges Händewaschen, was zu rauen und rissigen Händen führt
  • Zählen von Gegenständen (zum Beispiel Treppenstufen, Fliesen)
  • Wiederholtes Setzen und Aufstehen von einem Stuhl
  • Fortwährendes Reinigen und Ordnen bestimmter Gegenstände, auch Händewaschen
  • Übermäßiges Korrigieren der Hausaufgaben
  • Essen einer bestimmten Anzahl oder immer gleich oft zerkauen
  • Vermeiden, bestimmte Dinge zu berühren
  • Das Bedürfnis, beschwichtigt zu werden, oftmals Dutzend oder sogar Hundert Male am Tag
  • Ticks (sich immer wiederholende Handlungen oder Geräusche)

Die Zwangshandlungen und Gedanken wirken meist unangepasst. Manchen, wie Hände waschen, fallen allerdings lange nicht auf, da sie ein normaler Bestandteil des täglichen Lebens sind. Irgendwann fällt allerdings auf, dass sie sehr oft und übertrieben häufig gemacht werden.

Viele Kinder schämen sich dafür, weil ihnen klar ist, dass es nicht „normal“ ist. Das erzeugt wiederum erhöhten Druck und führt zu mehr Ängsten und Zwangshandlungen.

In welchen Alter treten Zwangsstörungen auf?

Die meisten Zwangsstörungen sind im Jugendalter zu beobachten, meist aber erst mit 19–20 Jahren. 25 % der Zwänge beginnen aber schon vor dem 14. Lebensjahr.

Einige Zwänge verschwinden nach ein paar Jahren von selbst wieder. 40 % verschwinden im frühen Erwachsenenalter. Mit der passenden Unterstützung und Therapie können Betroffene aber weitgehend uneingeschränkt ein normales Leben führen.

Sind Zwänge bei Kindern normal?

Rituale und abergläubisches Verhalten sind für Kinder in den verschiedenen Entwicklungsschritten normal. Sie mögen manchmal mit Zwängen verwechselt werden und häufig können wir Eltern können uns nicht erklären, woher sie kommen. Aber meist sind es einfach Verarbeitungstaktiken für Geschehnisse, die sich unsere Kinder nicht erklären können. Rituale sind wichtig und geben ihnen Sicherheit und Halt. Rituale unterscheiden sich von Zwängen allerdings darin, dass Rituale sinnvoll in den Alltag integriert werden können und andere Handlungen nicht unterbrechen. Bei Zwängen handelt es sich um ganz starre, unpassende Verhaltensweisen, die exakt immer und immer wieder durchgeführt werden müssen, um nicht in einen panikartigen Zustand zu verfallen.

Hochbegabung oder Hochsensibilität und Zwangsstörungen

Tatsächlich treten Zwänge sowohl bei hochbegabten als auch bei hochsensiblen Kindern häufiger auf. Das lässt sich damit erklären, dass Kinder beider Ausprägungen schneller und leichter auf Reize aus ihrer Umgebung reagieren und auch mehr Reize wahrnehmen. Das führt einerseits dazu, dass sie leicht überreizt werden, da zu viele Eindrücke auf sie einprasseln. Dies führt wiederum zu Stress, Sorgen und Ängsten, die dann unter anderem in Zwängen verarbeitet werden können.

Andererseits nimmt durch die vielen Eindrücke auch die Unsicherheit zu. Durch Zwänge wird dann versucht, Sicherheit und Kontrolle zu schaffen.

Zwangsgedanken bei Kindern

Bei einem Teil der betroffenen Kinder können Zwangsgedanken auftreten. Diese haben vor allem Angst und Sorge vor Verunreinigung, vor Verletzung bei sich oder anderen oder aggressive Fantasien zum Thema.

Diese Gedanken sind für Kinder sehr belastend und führen zu Ängsten und starken Gefühlsausbrüchen. Sie schränken das soziale Leben ein und beeinflussen auch den gesamten Alltag negativ.

Wie kann ich meinem Kind bei Zwängen helfen?

Die gängigsten Therapien sind Verhaltenstherapie und eine medikamentöse Behandlung, oftmals kombiniert. Hierzu ist es notwendig, sich bei einer professionellen Stelle Hilfe zu holen. Erste Ansprechperson ist natürlich ihr Kinderarzt, eine Kinderklinik oder ein klinischer Psychologe, sowie Kinder- und Jugendpsychiater. Unten finden Sie erste Anlaufstellen.

Aber was könne Sie als Eltern oder Bezugsperson für ihr Kind tun?

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  • Unterlassen Appelle an die Vernunft ihres Kindes. „Mach das einfach nicht!“, wird bei Zwängen nicht funktionieren.
  • Unterstützen Sie Ihr Kind NICHT bei der Ausübung des Zwanges.
  • Beobachten Sie sich selbst, ob Sie Zwänge haben und suchen Sie gegebenenfalls Hilfe für sich auf.
  • Lassen Sie nicht das Familienleben durch den Zwang Ihres Kindes dirigieren.
  • Nehmen Sie aber Stress und Druck aus dem Alltag Ihres Kindes.
  • Reagieren Sie geduldig und nicht aggressiv auf den Zwang.
  • Erkennen Sie Bemühungen und Fortschritte an, wenn Ihr Kind versucht, den Zwang zu bewältigen. Loben Sie es dafür.
  • Bei Rückschlägen Mut zusprechen, statt tadeln.
  • Hilfe suchen und Verhaltenstherapie beginnen. Nicht eigenmächtig am Verhalten „herumdoktern“!

Diese Bücher können Ihnen helfen, um das Thema mit Ihrem Kind zu besprechen:

Zita zähmt das Zwangsmonster: Therapie-Begleitbuch (Werbung): Ein Buch für jüngere Kinder von 3 bis 6 Jahren, in dem das Zwangsmonster eine bildliche Figur bekommt und bekämpft wird.

Frederic, der Zahlenprinz: Ein Bilderbuch über Ängste und Zwänge und ihre Überwindung (Werbung): Dieses Buch ist für Kinder ab sechs Jahren und thematisiert Verlust und Ängste, aber auch den Weg zurück ins normale Leben.

Zwänge bei Kindern und Jugendlichen: Ein Ratgeber für Kinder und Jugendliche, Eltern und Therapeuten (Werbung). Sehr gut für genaue Hintergrundinformationen und den alltäglichen Umgang mit Zwängen. Aber bitte nicht zur Selbsttherapie verwenden!

Anlaufstellen bei Zwängen für Kindern und Eltern

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Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
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