Wie entsteht die Moral?

Was ist Moral und moralisches Handeln und wie entwickelt sich die Moral? Diese Fragen sind für uns Eltern interessant und wichtig, denn nur so können wir bei unseren Kindern auf die Entwicklung ihrer Moral achten und sie dabei unterstützen. Aber was ist jetzt kurz gesagt diese Moral?

Die Moral ist die Gesamtheit unserer Richtlinien und Einflüsse, an denen wir uns orientieren, nach denen wir handeln und nach denen wir leben. Sie ist nicht schwarz oder weiß, sondern von der Situation und der Umgebung abhängig.

In diesem Betrag verrate ich, wie sich die Moral entwickelt und wie Sie diese Entwicklung fördern können. Als weitere Information finden Sie die Entwicklung der Moral nach Piaget, Kohlberg und Selman.

Was ist die Moral

Die Moral ist laut dem Psychologielexikon, Dorsch, die Gesamtheit aller Normen und Werte, welche das Urteil und Verhalten bestimmen.

Dabei gehen wir von individuellen Normen aus, die jeder Person für sich entwickelt und von gesellschaftlichen Werten und Normen. Oftmals sind die persönlichen Werte auch an denen der Gesellschaft, in denen man lebt, orientiert. Die Ethik ist dabei die Lehre der Moral. Ethik ist hier eine Disziplin der Psychologie, welche die Hintergründe und die Prozesse der Moral erforscht und beschreibt.

9 Tipps, um die Moralentwicklung und Perspektivübernahme zu fördern

Die Moral muss sich natürlich erst in der Kindheit entwickeln. Wir als Eltern und auch Pädagogen können hier natürlich zudem aktiv darauf achten und die Moralentwicklung und Perspektivübernahme fördern. Ab ca. 3 Jahren kann man aktiv Kindern dabei helfen, Ihre Moral und die dafür notwendige Perspektivübernahme zu erlernen.

Hier habe ich ein paar konkrete Tipps, wie Sie Ihre Kinder in der Entwicklung der Moral unterstützen können:

1. Eigene und Sichtweise des Kindes zusammenfassen

Es unterstützt die Entwicklung der Moral, wenn Sie in Situationen, in denen es um Recht oder Unrecht geht, Ihrem Kind abermals vor Augen führen, was es gerade getan hat und warum es das vermutlich getan hat.

Also zum Beispiel, bei einer Streiterei um ein Spielzeug. Hier wäre es sinnvoll, unserem Kind zu sagen: „Okay, ich sehe, dass XY das Spielzeug gerade hatte und du hast es ihm gerade weggenommen. Ich weiß, es ist dein Spielzeug und du wolltest es jetzt auch gerade haben.“ Die Auswirkungen und die Sichtweise des anderen sollten dann natürlich auch noch besprochen werden, wie ich gleich im nächsten Punkt beispielhaft zeigen werde.

2. Unterschiedliche Perspektiven Darstellen

Es ist wichtig, unseren Kindern auch die Sichtweise anderer näherzubringen. Natürlich ist das anfangs für unsere Kinder noch recht schwer und entwickelt sich überhaupt erst ab ungefähr 5 Jahren, meist noch später. Die Perspektive und Blickwinkel der anderen Menschen sind aber wichtig, um moralisch handeln zu können. Das heißt, es ist ganz normal, dass Babys und Kleinkinder das noch nicht können und nur aus ihrer Sicht heraus handeln. Aber, dennoch ist es wichtig, auch in diesem Alter die Grundsteine dafür zu legen und die Perspektive der anderen aufzuzeigen.

Im obigen Beispiel könnten wir also noch erklären: „Schau mal, ZXY hat sich gerade sehr gefreut über das Spielzeug und ist jetzt sehr traurig, weil du es ihm einfach weggenommen hast.“ Danach können Sie noch alternative Möglichkeiten und Lösungswege mit Ihrem Kind durchgehen und vielleicht auch fragen, wie man dieses Problem noch lösen könnte.

3. Vorbild sein

Gerade wenn es um die Moral, um Recht und um Unrecht geht, ist es natürlich wesentlich hier unseren Kindern ein gutes Vorbild zu sein. Nicht der Stärkere gewinnt über den Schwächeren. Stattdessen ist ein konstruktiver Austausch notwendig, um die Bedürfnisse aller Parteien zu berücksichtigen. Auch die eigenen Bedürfnisse müssen manchmal auch unten angestellt werden, wenn es der Gruppe hilft.

Darauf zu achten, wie wir mit Problem umgehen und wie wir uns unseren Kindern gegenüber verhalten, wenn eine Problemsituation auftritt, ist also wichtig zum Erlernen und Fördern der Moralentwicklung. Wie es Ihnen gelingt, ein gutes Vorbild zu sein, habe ich im Artikel: „Wie bin ich ein gutes Vorbild für meine Kinder“ für Sie genauer zusammengefasst.

4. Alternativen zeigen und diskutieren

Wie schon erwähnt, ist es auch gut, wenn wir unseren Kindern Handlungsalternativen aufzeigen und geben. Wir können verschiedene Lösungen mit ihnen besprechen, sie fragen, welche Ideen sie haben oder auch hilfreiche Wege durchbesprechen. So haben unsere Kinder eine größere Handlungsvielfalt und es erweitert ihren Spielraum.

5. Über Recht und Unrecht sprechen

Natürlich ist es auch hilfreich, wenn wir innerhalb der Familie generell über Recht und Unrecht sprechen und es auch in Streitsituationen ansprechen. Aber nicht nur, das ist gut, das ist böse, sondern auch die Hintergründe müssen wir unseren Kindern erklären. Warum ist das nicht in Ordnung oder warum war das jetzt besonders hilfreich oder toll für den anderen? So helfen wir unseren Kindern Empathie zu entwickeln und das schwarz – weiß Denken zu überwinden, auch wenn das gerade im Kleinkindalter noch ganz normal ist.

Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen.

Sigmund Freud

Für zusätzliche Informationen habe ich hier auch einen Beitrag zur Entstehung des Gewissens für Sie.

6. Auf soziale Regeln und Normen aufmerksam machen und erklären

Aber nicht nur das Recht des Einzelnen ist wichtig unseren Kindern beizubringen, sondern auch die gesellschaftlichen und sozialen Regeln, die wir für ein soziales Miteinander benötigen. Alle Regeln, die in unserer Gesellschaft hochgeschätzt werden und auch jene, die verpönt oder gar verboten sind.

7. Über Gruppenregeln sprechen

Gerade Gruppenregeln lassen sich im kleinen Rahmen gut besprechen. Nicht nur deshalb sind auch Kindergärten und andere Gruppen für Kleinkinder so wichtig. Hier kommen sie erstmals in den Kontakt mit einer Gruppe an Menschen, die alle ihr Interesse durchsetzten wollen. Für viele Problemsituationen gilt das Gleiche natürlich auch noch später in der Schule, da sich hier neue unbekannte Situationen für unsere Kinder ergeben. Hier lernen unsere Kinder also, wie Gruppen funktionieren und welche Regeln wichtig sind, wie man sich durchsetzt und wie man sich in einer Gruppe behauptet. Und gerade im Kindergarten oder Kindergrippen passiert das auch noch ohne uns Eltern als sicheren Hafen.

Das heißt allerdings nicht, dass wir unsere Kinder damit allein lassen dürfen. Ein guter Austausch zwischen Eltern und Pädagogen ist notwendig und auch die Aufarbeitung und Durchbesprechen zu Hause. Dabei sollte allerdings darauf wert gelegt werden, dass sich unsere Kinder uns gänzlich anvertrauen können und wir auch ihre Anliegen ernst nehmen und nicht herunterspielen zum Beispiel.

8. Erwartungen ans Alter anpassen

Weiter unten habe ich Ihnen drei Modelle zusammengefasst, die zeigen, was unseren Kindern in welchem Alter überhaupt möglich ist und was eben noch nicht. Wir dürfen unsere Kinder nicht überfordern. Wir können unsere Kinder zwar fördern und sie unterstützen, aber wenn sie manche Sachen von sich aus noch nicht allein hinbekommen ist das auch in Ordnung. Das bedeutet nur, dass sie noch mehr Unterstützung und wahrscheinlich auch einfach noch mehr Zeit benötigen, um zu dieser Entwicklungsstufe zu gelangen.

9. Eigene Erfahrungen sammeln lassen

Auch in der Entwicklung der Moral ist es nicht sinnvoll, unseren Kindern alles abzunehmen und sie hauptsächlich zu beschützen. Sie müssen ihre eigenen Erfahrungen sammeln können und dürfen. Auch wenn es uns Eltern natürlich manchmal schwerfällt, in Situationen nicht einzugreifen, ist es wichtig, unsere Kinder auch Situationen allein managen zu lassen, auch Problemsituationen.

Natürlich können wir für sie trotzdem da sein, wenn sie uns brauchen. Aber wir sollten darauf achten, unseren Kindern Unterstützung zu geben, die sie auch brauchen und nicht einfach alles abnehmen. Das heißt, für sie da sein, sie ernst nehmen und gemeinsam Lösungen erarbeiten unterstützt unsere Kinder im Sammeln von Erfahrungen und in der Entwicklung der Moral. Aber ihnen alles abnehmen und sie selbst nicht lösen lassen, macht sie genauso hilflos gegenüber verschiedenster Situationen, wie ihnen einfach keine Handlungsalternativen zu zeigen und zu lernen.

Moralentwicklung im Kindergarten

Um nochmals genauer darauf einzugehen, der Kindergarten ist eine noch recht schwierige Phase für unsere Kinder betreffend der Moralentwicklung. Sie sind nämlich in einer Gruppe, noch dazu ohne Eltern und haben aber noch nicht alle Fähigkeiten, die sie brauchen, um moralisch zu handeln.

In dieser Altersstufe herrscht einfach noch das Verlangen nach dem Durchsetzen den eigenen Bedürfnissen. Diese aufzuschieben und Frust auszuhalten, entwickelt sich erst bis zum Alter von sechs Jahren. Das heißt, gerade die Kleinen tun sich noch sehr schwer damit und daher kommt es natürlich auch zu Problemen in der Gruppe. Aber dennoch kommen unsere Kinder im Kindergarten mit sozialen Regeln und Gruppenregeln in Kontakt und (müssen) lernen, damit umzugehen.

Hier tun sich manche Kinder leichter als andere. Das bedarf es Unterstützung von Pädagogen, aber auch von uns Eltern. Das alles ist besonders in der Eingewöhnungsphase recht schwierig, da auch alles andere neu und ungewohnt für unsere Zwerge ist. Dennoch ist es wichtig, dass sie mit Regeln und Gruppen auch außerhalb der Familie konfrontiert werden. Es muss nur gut unterstützt und bei Problemen rasch Hilfe geboten werden. Der wichtigste Punk ist hier eine gute Pädagogen-Kind-Beziehung, damit sich unsere Kinder auch an diese wenden, wenn sie Unterstützung brauchen. Mehr zur Eingewöhnung habe ich im Artikel: „Eingewöhnungszeit im Kindergarten“ für Sie oder bei Problemen: „Können Kinder untragbar für den Kindergarten sein?“.

Wie entwickelt sich die Moral?

Alle Modelle haben Ähnlichkeiten, allerdings unterscheiden sie sich auch in manchen Punkten, hauptsächlich über welche Lebensabschnitte sich die Entwicklung erstreckt. Daher halte ich es für wichtig, die drei gängigsten Modelle Ihnen dazustellen.

Übrigen, eine Spezialform ist Lügen. Nähere Infos und Tipps gibts hier.

Wie entsteht moralisches Handeln

Piaget’s Entwicklung der Moral

Jean Piaget sieht die Entwicklung der Moral in vier Stufen. Es ist ein lebenslanger Prozess, der sehr individuell ist. Nicht jeder Mensch durchläuft die letzten Stufen der Moralentwicklung.

Stufe 1Senso – motorische Phase (0–1,5 Jahre)
Alles wird durch Ertasten und Erkunden mit Händen, Mund, Füßen erschlossen. Die Bewegung ermöglicht unseren Babys einen größeren Raum zum Erkunden und Selbstständigkeit.
Stufe 2Prä – operationale Phase (1,5 - 7 Jahre)
Diese Phase ist von Egozentrismus geprägt. Unsere Kinder gehen in allen Denkweisen von sich und der eigenen Sicht aus. Sie können sich meist auch nur auf ein Merkmal konzentrieren und Objekt nur anhand dieses einordnen. Beispiel: Ein Apfel wächst auf einem Baum und ist deshalb Obst.
Stufe 3Konkret operationale Phase 1 (7 - 8,5 Jahre)
Das Denken ist hier immer noch an ein Objekt oder an etwas Konkretes gebunden. Die Einteilung von Objekten erfolgt nun schon auf Basis zweier Merkmale. Beispiel: Ein Gegenstand, der spitz und aus Metall ist, ist wahrscheinlich eine Nadel.
Nun können unsere Kinder auch schon mit Mengen umgehen (Mehr – weniger, größer – kleiner). Und eine ganz wichtige Errungenschaft sind hierarchische Schlussfolgerungen, wie alle Käfer sind Insekten, aber nicht alle Insekten Käfer.
Konkret operationale Phase 2 (8 - 11 Jahre)
Hier beginnt jetzt schon das reversible konkrete Denken, das aber noch an konkrete Handlungen gebunden ist. Sie können nun gut aus Fehlern lernen und im Gedanken andere Strategien durchdenken. Auch das Verstehen von Mengen schreitet voran. Nun ist es unseren Kindern schon möglich, Volumen und Masse, sowie deren Abänderung zu verstehen.
Stufe 4Formal operationale Phase 1 (ab 12 Jahren)
Hier beginnen unsere Kinder formal und abstrakt zu denken. Sie können jetzt auch über Dinge nachdenken, die sie nicht konkret sehen oder machen und sich Strategien und Lösungen ausdenken und ausbessern. Sie ziehen nun auch schon logische Schlüsse.
Formal operationale Phase 2
Sie können jetzt schon immer mehr Informationen (ungefähr 3) ins Denken einbeziehen und schlussfolgern.
Formal operationale Phase 3
Das ist die höchste Stufe. Nun reift auch das hypothetische Denken voll aus. Sie können alle möglichen Kombinationen von Möglichkeiten und Informationen beachten und durchdenken.
Piaget’s Moralentwicklung

Stufen der Moralentwicklung nach Kohlberg

Lawrence Kohlberg sieht die Entwicklung der Moral aus einer rein kognitiven Perspektive. Leider vernachlässigt er in seiner Darstellung andere Komponenten. Diese, später noch postulierten Faktoren, habe ich hier versucht, einfließen zu lassen. Auch die reine Orientierung an Strafe und Gehorsam wurde später widerlegt. Allerdings ist sie für unsere Kinder trotzdem ein wesentlicher Einflussfaktor auf ihr Handeln, wenn auch nicht der Einzige. Natürlich kommen eben Freundschaften und andere soziale und emotionale Aspekte hinzu.

Stufe 0Orientierung an egozentrischen Bedürfnissen
Hier geht es noch um das eigene Wohlbefinden. Alles, was unsere Kinder tun, tun sie, damit es ihnen gut geht. Dementsprechend basiert auch ihr Moral darauf. Recht ist alles, was sich gut auf einen auswirkt und schlecht alles was Strafe nach sich zieht.
Stufe 1Orientierung an Strafe und Gehorsam
Hier gelingt es unseren Kindern schon, die Perspektive der Autorität einzunehmen. Regeln werden eingehalten, um Strafen zu entgehen. Sie orientieren sich vor allem noch an materiellen/ konkreten Konsequenzen.
Stufe 2Orientierung an instrumentellen Zwecken und Austausch
Nun fangen Kinder an zu Vergleichen und damit kommt auch Tausch und Handel ins Spiel. Richtig ist, was ihnen selbst nützt. Auch Regeln werden nach Nutzen abgewogen. Allerdings auch für den Nutzen anderer. Fairness und Wechselseitigkeit gewinnen an Wert, sind allerdings noch an die Zweckerfüllung der Interessenbefriedigung gebunden.
Stufe 3Orientierung an Aufrechterhaltung wechselseitiger Erwartungen
Ab jetzt werden auch die Bedürfnisse und Anliegen anderer in die eigenen Entscheidungen einbezogen. Das Ich wird manchmal hinten angestellt, um das Interesse einer Gruppe nachkommen zu können. Auch Loyalität und Pflichtbewusstsein treten nun immer mehr in den Vordergrund und tragen zum sozialen Verhalten wesentlich bei.
Stufe 4Orientierung an Erhaltung des Systems
Die Notwendigkeit von Gesetzen, Recht und Pflicht wird jetzt verstanden. Recht im Dienst der Gesellschaft wird nun verstanden. Soziale Werte und Moral dienen nun bereits als Leitlinien des Verhaltens.
Stufe 5Orientierung am Sozialvertrag
Es gibt nun die Einsicht, dass Werte auch stark von Gruppen abhängig sind und nicht überall gleich sind. Gewisse Werte haben einen höheren Stellenwert als andere und sind somit universell gültig, wie Grundrechte und Menschenrechte zum Beispiel). Demokratie wird hochgeschätzt.
Stufe 6Orientierung an ethischen Prinzipien
In der letzten Stufe werden die ethnischen Richtlinien selbst gewählt. Gesetzte werden nach diesen Richtlinien für sinnvoll erachtet oder eben auch nicht. Alle Menschen werden als gleichberechtigt gesehen. Moral und persönliche Verpflichtungen werden rational gesehen und hochgeschätzt.
Stufen der Moral nach Kohlberg

Selman’s Niveau der Perspektivübernahme

Robert Selman gibt uns genau diese die sozialen und emotionalen Einflussfaktoren in seiner Entwicklungsübersicht.

Niveau 0Egozentrische Perspektive (bis ca. 5 Jahre)
In der ersten Phase nehmen unsere Kinder nur den physischen Unterschied zwischen sich und anderen wahr. Gefühle, Absichten und Gedanken anderer können sie jedoch noch nicht aus der Perspektive anderer sehen. Auch Handlungsmotive sind für Kinder hier noch schwer verständlich und haben meist keinen Zusammenhang zu Handlungen für sie. Gefühle können sie aber bei sich und bei anderen schon einschätzen und benennen. Aber: ob etwas absichtlich geschieht oder unabsichtlich ist meist noch zu schwierig für unsere Kinder abzuschätzen.
Niveau 1Sozial – informationsbezogene Perspektivenübernahme (ab 6 - 8 Jahre)
Unsere Kinder verstehen nun, dass andere auch andere Ansichten haben und andere Meinungen zu etwas haben. Das Denken ist allerdings meist noch sehr einseitig. Verschiedene Perspektiven können noch kaum zusammengeführt werden. Es herrscht noch ein starkes schwarz-weißes Denken vor.
Niveau 2Selbstreflexive Perspektivenübernahme (ab 8 - 10 Jahre)
In dieser Phase können unsere Kinder sich schon recht gut in andere hinein versetzen, auch wenn der andere nicht die gleiche Meinung oder das gleiche Motiv hat. Die Perspektiven können aber noch schwer diskutiert werden. Jede kann für sich stehen, Zusammenhänge und das Gemeinsame wird allerdings noch nicht gesehen. Nun kommt auch schön langsam die Gerechtigkeit als relative Variable ins Spiel.
Niveau 3Wechselseitige Perspektivenübernahme (ab 10 - 12 Jahre)
Nun können Kinder schon aus zwei Perspektiven Abstand nehmen und eine objektive Haltung einnehmen, aus Sicht einer dritten Person zum Beispiel. Nun ist es unseren Kindern auch möglich, gemeinsame Interesse herauszufinden und das Gemeinwohl über eigene Anliegen zu stellen.
Niveau 4Perspektivenübernahme mit dem sozialen und konventionellen System (ab 12 - 15 Jahre)
Nun verstehen Kinder gesellschaftliche Werte und Normen und sehen die Notwendigkeit für Recht und Pflicht. Sie können generelle Perspektiven einnehmen und verstehen auch, dass Perspektivübernahme nicht unbedingt heißt, dass der andere diese Meinung auch vertritt oder danach handelt.
Der Gesellschaft vorgeordnete Perspektive (frühestens ab 20 Jahren)
Die letzten beiden Stufen werden nicht von allen Personen erreicht. Werte und Rechte, sowie die sozialen Verträge und damit einhergehende Bindungen werden auch aus freien objektiver Sicht betrachtet und auch hinterfragt. Moralische und legale Punkte werden in Handlungen einbezogen und abgewogen. Nun ist es auch schon möglich, diese hohen Werte zu kritisieren und diskutieren.
Perspektive eines „moralischen Standpunkts“
Das höchste Niveau beinhaltet die Erkenntnis, dass jeder seinen eignen Selbstzweck hat und auch dafür selbst verantwortlich ist. Gesellschaftliche Ordnungen werden rein von moralischen Standpunkten her abgeleitet und die Perspektiven anderer, werden nach Rationalität hinsichtlich der Moral gesehen und geprüft.
Selman’s Stufen der Perspektivübernahme

Einen Überblick über die gesamte sozial-emotionale Entwicklung finden Sie hier.

Fazit

Ja, bis zu einem gewissen Grad entwickelt sich die Moral natürlich von allein. Allerdings können wir als Eltern und auch als Pädagogen viel dafür tun, um die Entwicklung für unsere Kinder zu erleichtern und ihnen so zu helfen, sich leichter in Gruppen zurechtzufinden. Außerdem ist es hilfreich unsere Kinder Lösungen und Denkweisen zu ermöglichen, die ihnen helfen, raus aus der Stufe des Egozentrismus und hin zur Empathie, aber auch zu gestärktem Selbstbewusstsein kommen lässt.

Das könnte Sie auch interessieren

Das Montessori Prinzip

Kindern Teilen beibringen – So einfach geht's

Wann beginnen Kinder zu lügen?

Was soll ich tun, wenn mein Kind stiehlt?

Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

Ihr psychologischer Ratgeber in Familien- und Beziehungssachen.
© Copyright 2021 - Ines Wurbs
HOMEÜBER MICHBLOG
linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram