Das Montessori Prinzip

Montessori meint eine Sichtweise über Kinder und eine Erziehungsform. Entwickelt wurde sie von Maria Montessori Anfang des 20. Jahrhunderts (also um 1900). Sie war eine Medizinerin, die sich erstmals sehr intensiv mit der Beobachtung von Kindern beschäftigte und das damalige Konzept des bedingungslosen Gehorsams der Kinder und der Unterdrückung, sowie auch der Kinderarbeit, nicht mehr hinnehmen wollte.

Sie hat versucht, mit ihren Arbeiten auf das Kind als sich entwickelnden und lernenden Menschen hinzuweisen. Und uns Erwachsene als teilhabenden Beobachter und Unterstützer. Heute ist uns das nicht so fremd wie damals, allerdings dennoch nicht immer leicht umzusetzen.

Der Grundsatz aus der Sicht des Kindes von Montessori lautet:

Hilf mir es selbst zu tun!

Maria Montessori

Und das beschreibt es eigentlich recht genau, um was es geht.

Was ist Montessori, das Prinzip kurz erklärt

Das Hauptprinzip der Montessori Pädagogik ist es, für unsere Kinder einen Rahmen zu schaffen, der ihnen ermöglicht, von sich aus das Interesse entwickeln zu lernen und sich so weiterentwickeln.

Einige der folgenden Punkte mögen für uns heutzutage selbstverständlich sein. Hier muss man sich die Zustände zur Jahrhundertwende (1900) in Erinnerung rufen, wo diese Ansätze fast als radikal anzusehen waren.

Montessori
Hauptprinzipien Montessori

Das Kind im Mittelpunkt

Bei Montessori steht das Kind im Mittelpunkt, wie bei mittlerweile vielen Erziehungs- und Pädagogikrichtungen im Mittelpunkt. Das Kind ist ein sich entwickelndes und lernendes Wesen mit Bedürfnissen. Es ist dabei, nach Montessori, wichtig, das Kind nicht zu drängen und Druck auszuüben, um zu lernen. Sondern es frei und selbstständig wählen aus dem vorbereiteten Angebot und agieren zu lassen. Nur so kann es lernen, was es braucht und seine Bedürfnisse (selbstständig) erfüllen.

Hierzu hat Maria Montessori auch Entwicklungsstufen formuliert. In denen sind in Phasen beschrieben, was für diese Stufe wesentliche Entwicklungsbedürfnisse sind. Genaueres finden Sie im Beitrag: Entwicklungsstufen nach Montessori.

Selbstständigkeit

Unsere Kinder können das, nach Montessori, selbst und sollten daher auch selbst wählen, was sie wann tun bzw. lernen möchten. Nur so entsteht kein Druck von außen und dadurch ist auch die eigene Motivation hoch sich in den Lernstoff zu vertiefen.

Selbstständigkeit hat oberstes Gebot. Je mehr Kinder können, desto leichter fällt es ihnen Neues selbstständig zu erforschen. Die Kinder sollen sich auch den Anforderungen des Alltags selbst stellen und Hürden selbst meistern. So lernen sie am besten. Allerdings unter der Prämisse, dass ihnen zuerst das Lernmaterial erklärt wurde und dies sie so ermächtigt, allein damit richtig umzugehen.

Begreifen

Nach Montessori lernen Kinder schneller und es entspricht eher ihrer Natur, wenn Kinder Materialien und den Lernstoff erfahren können. Also Dinge angreifen können, ausprobieren, experimentieren und eben so spielend lernen können. Kinder sind von Natur aus neugierig und wissbegierig. Durch das freie Wählen bleibt ihnen das erhalten und weckt ihr Interesse auf das Lernmaterial.

Innere Motivation

Durch das selbst Wählen sind die Kinder von sich aus, also von innen, motiviert zu lernen. Dadurch ist die Auseinandersetzung mit dem Material und dem Lernstoff viel intensiver, kreativer und verankert sich besser im Gedächtnis.

Außerdem kommt es durch diese innere Motivation zu einer hohen Aufmerksamkeit. Die Kinder arbeiten, nach Montessori, also ruhig und konzentriert mit dem Lernmaterial, da sie ja von sich aus motiviert sind und es freiwillig machen.

Der Erwachsene als Beobachter

Eltern und Lehrer fungieren dabei als stille Beobachter. Sie lassen das Kind machen und greifen nicht ein, wenn es nicht aktiv danach fragt. Aber das Kind wird von ihnen beobachtet, um zu sehen, was es brauchen könnte.

So kann individuell und rasch darauf eingegangen werden, wenn ein Kind nach Hilfe fragt.

Das gilt schon vom Babyalter an. Mehr Informationen und Ideen zur Umsetzung von Montessori im Babyalter finden Sie hier.

Der Erwachsene als Weichensteller

Allerdings ist es auch die Aufgabe der Erwachsenen, dem Kind die Lernumgebung zu erschaffen, die es braucht. Deshalb ist das Beobachten so wichtig. Wenn das Kind Hilfe benötigt oder eine Frage hat, dann sollten die Erwachsenen oder auch ältere Kinder da sein und bestmöglich helfen.

Also auch mehr Lernmaterial zur Verfügung stellen, als unmittelbar erfragt wurde. Zum Beispiel, wenn ein Kind fragt: „Wie zeichne ich einen Löffel?“, dann kann dieser einfach vorgezeichnet werden. Aber er kann auch detailgetreu gezeichnet oder er könnte geholt werden, gemeinsam angeschaut und besprochen werden, um ihn dann zu zeichnen. Erwachsene machen also Angebote, die das Kind annehmen kann.

Die Umwelt als Anreiz

Die Umgebung und Lernumwelt der Kinder soll von Erwachsenen oder auch älteren Kindern so gestaltet werden, dass es dem Kind möglich ist, selbstständig zu sein. Deshalb ist ein Raum nach Montessori eher einfach gehalten und klar strukturiert. Das erleichtert dem Kind selbstständig zu entdecken und Material zu erforschen. Ein Beispiel hierzu ist das Lernen der Monate und Jahreszeiten mithilfe des Jahreskreises. Details dazu finden Sie in diesem Beitrag.

Naturmaterialien

Es gibt bei Montessori auch einen kosmischen Zusammenhang aller Dinge, weshalb eher Naturmaterialien verwendet werden, als andere. Diese lassen sich von den Kindern natürlich erschließen und fördern die Motivation, sich damit auseinanderzusetzen.

Generell hat Montessorimaterial einen sehr hohen Aufforderungscharakter. Es macht die Kinder also neugierig und motiviert sie, damit zu spielen.

Montessorimaterial orientiert sich viel an Farben. Was die einzelnen Farben für Bedeutung haben und wie Sie es anwenden können, habe ich im Artikel: Bedeutung der Farben für Sie zusammengeschrieben.

Wie Sie Ihrem Kind überhaupt Farben beibringen können und ein kleines, gratis Download, habe ich hier für Sie.

Respekt und Achtung als höchstes Gut

Im sozialen Miteinander mit anderen wird höchster Wert auf Respekt, Wertschätzung und Achtung vor anderen gelegt. Keiner darf den anderen schaden. So lernen Kinder auch die wichtigsten sozialen Regeln im Umgang mit anderen. Etwa das Warten, wenn ein Kind schon das gerade gewählte Material hat.

Montessori als Erziehungsstil

Wie eingangs bereits erwähnt: Erziehen nach Montessori bedeutet, dem Kind die Freiheiten zu lassen, die es braucht, um sich selbst entwickeln zu können. Außerdem müssen wir das anbieten, was das Kind benötigt, um lernen zu können.

Allzu oft neigen wir Eltern dazu, unseren Kindern so viel wie möglich abzunehmen, zu „ersparen“. Das ist allerdings nicht sinnvoll, denn so lernen unsere Kinder nur langsam, wenn überhaupt. Lernen durch Beobachtung ist zwar ein wichtiger Faktor, allerdings nicht ausreichend, wenn unsere Kinder nie selbst ausprobieren dürfen.

Lernen durch Erfahrung ist ein großer und essenzieller Bestandteil der Montessori-Pädagogik. Alles, was unsere Kinder selbst wählen und selbst erfahren können, motiviert sie und schafft so ein tieferes Verständnis. Wie oben beschrieben gilt auch hier: Das Kind darf FREI auswählen, was es wann machen möchte. Wir als Eltern schaffen nur die Möglichkeiten und bieten Unterstützung an, wenn unser Kind danach fragt.

Wichtig!
Das klassische Machtverhältnis besteht in einer Erziehung nach Montessori nicht. Es wird allerdings auch nicht umgedreht, wie viele vermuten.

Grenzen und Regeln gibt es nach Montessori, damit ein respektvolles Miteinander möglich ist. Sie werden allerdings nicht durch Machtausübung und Druck durchgesetzt, sondern die Kinder sollen bestrebt sein, sich selbst daranzuhalten, um am Geschehen teilhaben zu können. Die Grenze liegt eben eindeutig beim Gemeinwohl.

Prinzipiell sollen alle Vertrauenspersonen des Kindes die gleichen Grenzen und Regeln umsetzen. Aber eben nicht mit drohen. Maria Montessori meinte, dass wir weg davon müssen und nicht unsicher sein dürfen oder gar davor Angst haben sollten, dass unsere Kinder nicht folgen. Sondern einfach Vertrauen und Respekt unseren Kindern entgegenbringen müssen, damit sie das uns gegenüber auch tun. So gelingt es, dass sich unsere Kinder an unsere Regeln halten, weil sie es nicht anders kennen.

Solange wir dieses mulmige Gefühl im Bauch haben, diese Angst, ob die Kinder uns wohl gehorchen werden, können sie uns nicht ernst nehmen! Erst wenn wir überzeugt, sicher und ruhig sind, erst wenn wir uns selbst glauben und ernst nehmen und wirklich meinen, was wir sagen, werden auch sie uns ernst nehmen. Wir brauchen nicht zu drohen, nicht zu zetern, nicht zu schreien und uns nicht zu rechtfertigen. Nur unsere ruhige Sicherheit und Entschlossenheit zählt. Ohne sie geht es nicht!

Maier Hauser, H. 2000, S. 137

Auch eine wichtige Grenze in der Montessorierziehung ist, dass Kinder nicht Material allein benützen dürfen, wenn sie sich damit noch nicht auskennen. Sie müssen zuerst wissen, wie sie mit dem Lernmaterial umgehen sollen und das bedarf einer Einführung. Nur so können sie das Richtige damit allein lernen.

Generell gilt:
Wir müssen Regeln klar formulieren und standhaft verfolgen, damit unsere Kinder sie übernehmen können.

Es soll dabei auch nicht verhandelt werden, sondern einfach gehandelt. So lernen unsere Kinder, nach Montessori, gleichzeitig Situationen zu akzeptieren, die für sie nicht passen oder sogar unangenehm sind. Diese Thematik ist speziell ab dem Kleinkindalter zu beachten. Im Beitrag: Montessori für Kleinkinder gebe ich gezielte Anregungen und Inputs für den Montessori Alltag in diesem Alter.

Für wen ist Montessori gedacht?

Das Montessori Prinzip ist für alle gedacht. Inklusion ist ein wichtiger Bestandteil und wird in vielen Montessorischulen verfolgt. Alle haben das Recht auf eine angstfreie, respektvolle und inspirierende Umgebung.

Das Konzept und vor allem das Lernen ist sehr individuell und an die Bedürfnisse jedes Einzelnen ausgerichtet. Auch die Unterstützung sieht natürlich je nach Bedarf anders aus und muss individuell angepasst sein.

Somit eignet sich das Montessorieprinzip prinzipiell natürlich für alle hervorragend, da nur das gemacht wird, wofür das Kind auch bereit ist. Im Gegensatz zum regulären Frontalunterricht. Allerdings bedarf es im schulischen Kontext dafür viel qualifiziertes Personal. Deshalb sind Montessorischulen vielfach privat und damit auch kostspielig.

Häufig gibt es allerdings mittlerweile auch in öffentlichen Schulen und Einrichtungen Montessori inspirierten Unterricht. Dies ist allerdings natürlich oft von den Pädagogen abhängig. Was Montessori speziell für Schulkinder bedeutet und wie Sie es zu Hause umsetzen können, erfahren Sie in meinem Artikel: Montessori für Schulkinder.

Was ist besonders an Montessori?

Nun ja, das Besondere an Montessori ist einfach, dass das Kind völlig frei aus dem zur Verfügung gestellten Material wählen kann. Das ist ja in herkömmlichen Schulen oder auch Kindergärten nicht so. Der Lernstoff wird bei Montessori überwiegend in Freiarbeit erarbeitet. Das heißt, jedes Kind kann für sich, wann es will, das für ihn passende Lernmaterial nehmen und selbstständig damit arbeiten.

Natürlich gibt es zuvor immer eine Einführung, wie mit dem Material zu arbeiten ist. Wenn es Hilfe benötigt oder Fragen hat, kann es sich an andere wenden. Die Erwachsenen greifen also nicht direkt in den Lernprozess ein, sondern lassen das Kind selbst machen. Gestalten allerdings die Umgebung des Kindes so, dass sie für das Lernen anregend ist. Also übersichtlich, einfach und klar strukturiert.

Deshalb spielt Ordnung beim Montessorikonzept eine wichtige Rolle. Alles hat seinen Platz, sonst würde das Lernmaterial ja durcheinander geraten und auch von den Kindern nicht gefunden und richtig angewandt werden können.

Kritik an Montessori

Montessrieinrichtungen brauchen wirklich viel Personal, damit die Bedürfnisse der einzelnen Kinder nicht übersehen werden. Und das kostet natürlich und wird kaum vom Staat getragen, sondern meist von den Eltern selbst.

Außerdem verlangt das Montessoriprinzip, dass diese Einstellung auch von den Eltern selbst gelebt wird. Das erscheint natürlich sinnvoll. Allerdings bedarf es natürlich auch ein hohes Engagement von den Eltern. Nicht nur zu Hause, sondern auch in den Montessorieeinrichtungen selbst wird oft eine hohe Beteiligung der Eltern erwartet. Das ist natürlich nicht für alle Eltern möglich, da wir ja ebenso unserer Arbeit und anderen nachgehen müssen und wollen.

Montessorimaterialien sind meist auch nicht gerade billig. Viele lassen sich aber selbst herstellen. Das erfordert aber auch Zeit, Kreativität und ein gewisses Maß an Geschick und natürlich auch Motivation.
Die Montessorischulen gehen überwiegend nur bis zum Pflichtschulalter. Maturaschulen (oder Abitur) nach dem Montessoriprinzip sind sehr selten. Das heißt, es erfordert einen Umstieg und einen Neuanfang in einer Regelschule, um die Matura (Abitur) zu machen.

Häufig wird Montessori auch Esoterik vorgeworfen. Da es den Ansatz hat, dass es einen kosmischen Zusammenhang aller Dinge gibt. Dabei hängt es natürlich sehr stark von der eigenen Auslegung ab, inwieweit wir das esoterisch werden lassen.

Von Maria Montessori wurde dieser Zusammenhang postuliert, da es ihrer Meinung nach wichtig ist, dass nicht wahlloses Material den Kindern dargeboten wird. Sondern alles in einer sinnvollen Reihenfolge und Ordnung. Also das Material soll nach der Ordnung des „Kosmos“ vorgegeben werden.

Also nach Gesetzmäßigkeiten der Natur und auch nach der Wechselbeziehung zwischen Mensch und Natur. So kann es gelingen, seinen Platz im Kosmos zu finden, da das Kind seinen eigenen Standpunkt kennt und dadurch Verantwortung für sein Handeln übernimmt.

Wichtige Montessori-Ressourcen:

Deutschland

https://www.montessori-deutschland.de
https://www.deutsche-montessori-gesellschaft.de
https://www.montessoribayern.de

Österreich

https://www.montessori-austria.at
https://montessori.at

Schweiz

https://www.montessori-ams.ch

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Mag. Ines Wurbs

Ines Wurbs ist Psychologin und Mutter zweier Kinder. Ihre Leidenschaft konnte sie zum Beruf machen und stellt ihre mehr als 15-jährigen Erfahrung mit Kindern und Familien auf Familienpsychologin.eu zur Verfügung.

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